Und so spiegelt jedes Gefühl und jede Liebe uns eine erlogne Ewigkeit vor: ein Scherz, ein Schlaf, eine verlorne Unze Blut, ach! eine Stunde erwürgt die Liebe. So steht überall und überall, wo eine Menschenbrust an der andern liegt, die Zeit und schiebt sie auseinander wie Marmorplatten, weil sie sie nicht auseinanderreißen kann.
– Jean Paul
Jean Paul Zitate
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Lasst uns immer in den großen Traum des Lebens kleine bunte Träume weben.
– Jean Paul
Die Gelehrten glauben, man habe ein starkes Gedächtnis, wenn man gerade – vielleicht aus der Jugendzeit – Dinge kennt, die sie nicht wissen.
– Jean Paul
Die Liebe wirft den Jüngling aus seinem Ich hinaus unter andre Ich, das Mädchen aber aus fremden in das ihrige hinein.
– Jean Paul
Das Weltleben [schleift] alles Große am Menschen weg[], wie das Wetter an Statuen und Leichensteinen gerade die erhabnen Teile wegnagt.
– Jean Paul
Gerechter Himmel! Aus wievielen Marterstunden der Tiere tötet der Mensch eine einzige Festminute der Zunge zusammen!
– Jean Paul
Eine Frau, die immer lieben könnte, würde nie veralten [...].
– Jean Paul
Alle Stärke liegt innen, nicht außen.
– Jean Paul
Die Musik ist unter allen Künsten die rein-menschlichste, die allgemeinste.
– Jean Paul
[...] Örter öffentlicher Freude [machen] das Herz für alle Empfindungen, die viel Platz bedürfen, für Aufopferung, für Mut und auch für Liebe, weiter [...]; – freilich in den engen Amt- und Arbeitstuben, auf Rathäusern, in geheimen Kabinetten liegen unsre Herzen wie auf ebenso vielen Welkboden und Darrofen und runzeln ein.
– Jean Paul
Die Schwachheiten großer Menschen werden von kleinen so leicht erraten als die der Lehrer von Kindern.
– Jean Paul
Glücksspiele werden verboten – das längste ausgenommen, das Leben.
– Jean Paul
Humor ist auch eine Erhebung gegen den Himmel. Nur geht man wie der Vogel Merops mit dem Hintern zuerst.
– Jean Paul
Durch den Nachgeschmack des vergangenen und den Vorgeschmack des zukünftigen Leidens überfüllen wir den Kelch des Augenblickes selbst.
– Jean Paul
Geheimnisse in der Ehe sind gefährlich und nichtig, ihre Scheide bedeckt immer einen Dolch, den die Zeit endlich zieht.
– Jean Paul
Nichts hasset man so, als die erste Äußerung eines Lasters, das man nicht erwartet.
– Jean Paul
Die Menschen glauben sich nach einem zu richten, indes sich der eine nach ihnen richtet.
– Jean Paul
Mit wieviel tausend kleinen Mitteln muß sich der Mensch abgeben, ehe er mit etwas Großem sich beschäftigen kann.
– Jean Paul
Berühmte Leute, Fürsten, Schöne kann man selten durch ein Lob einnehmen, aber durch jeden Tadel erzürnen.
– Jean Paul
Sich selber Wort halten schwerer als andern.
– Jean Paul
Eine Religion nach der andern lischt aus, aber der religiöse Sinn, der sie alle erschuf, kann der Menschheit nie getötet werden.
– Jean Paul
In einem Vormittage, wo man reiset, ein ungewöhnliches Geschäft hat – kurz in jeder neuen Lage – lebt man mehr, sieht das Leben anders, fühlt sich mehr als in vier gewöhnlichen Wochen.
– Jean Paul
Kurze Parenthesen können, bandlos abgebrochen, als neue Perioden mitreden; ein langer Schmarotzer-Periode muß sich durchaus mit dem Stammperioden grammatisch verwurzeln; und die Probe der Güte ist, daß der Leser nicht dabei zurückzulesen hat.
– Jean Paul
Man legt leicht die großen Unarten ab und hat noch immer die kleinen der Gewohnheit und Erziehung.
– Jean Paul
Bloß die Großen schreiben wie die Alten, ohne Brotgier, ohne Rücksicht auf Leser, bloß in den Gegenstand versenkt.
– Jean Paul
Die Probe des Feinen ist nicht, gegen den Feinen fein zu sein – sie wäre zu leicht – aber wohl gegen den Groben es zu bleiben.
– Jean Paul
Wer einen nur zum Werkzeug gebraucht, sei sicher, daß ihn dieser auch nur dazu brauche.
– Jean Paul
Ach Emanuel! sei für mich kein Toter! Nimm mich an! Gib mir dein Herz! Ich will es lieben! – Ich bin nicht sehr glücklich, mein Emanuel! – Da mein großer Lehrer Dahore – dieser glänzende Schwan des Himmels, der, vom zerknickten Flügelgelenk ans Leben befestigt, sehnend zu andern Schwänen aufsah, wenn sie nach den wärmern Zonen des zweiten Lebens zogen – aufhörte an mich zu schreiben: so tat ers mit den Worten: ›Suche mein Ebenbild! Deine Brust wird so lange bluten, bis du mit einer andern die Narben bedeckst, und die Erde wird dich immer stärker schütteln, wenn du allein stehst – und nur um den Einsamen schleichen Gespenster.‹
– Jean Paul
Wo es so aussieht als wäre nichts zu tun, ist bereits viel getan worden.
– Jean Paul
Gehest du furchtsam und zart mit deinen Leiden um: so stechen sie heißer, wie Brennesseln, wenn man sie bloß leise berührt. Aber gleich ihnen verletzen sie wenig, wenn du sie herzhaft und derb handhabst.
– Jean Paul