Ein Autor bringt durch Selbstdefension(en) seine Anklagen auf und in die Nachwelt. Für die Mitwelt sind sie entbehrlich; seine Freunde glauben den Anklagen nicht, seine Feinde den Defensionen nicht.
– Jean Paul
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Ein Autor bringt durch Selbstdefension(en) seine Anklagen auf und in die Nachwelt. Für die Mitwelt sind sie entbehrlich; seine Freunde glauben den Anklagen nicht, seine Feinde den Defensionen nicht.
– Jean Paul
Bettet doch alte Menschen weich und warm und lasset sie recht genießen, denn weiter vermögen sie nichts mehr; und beschert ihnen gerade im Lebens-Dezember und in ihren längsten Nächten Weihnachtsfeiertage und Christbäume! Sie sind ja auch Kinder, ja zurückwachsende.
– Jean Paul
Kraft und Liebe sind zwei Gegensätze des innern Menschen; aber Religion ist die göttliche Gleichsetzung beider, und der Mensch im Menschen.
– Jean Paul
Der Scherz ist unerschöpflich, nicht der Ernst.
– Jean Paul
Alle Klarheit, die man über fremde Charaktere habe, gibt doch noch keine Sicherheit vor Selbsttäuschung und fremder Schmeichelei; das Unglück ist eben, daß man drei schwere seltene Kenntnisse haben muß, die von sich, die von andern, die von der Ansicht des andern gegen uns. – Man sollte geradezu voraus-[setzen, daß] einem jeder ein wenig mehr Gutes sage, als wir glauben.
– Jean Paul
Liebe ist ein Auszug aus allen Leidenschaften auf einmal.
– Jean Paul
Allein obgleich der Geist der Erziehung – überall das Ganze meinend – nichts ist als das Bestreben, den Idealmenschen, der in jedem Kinde umhüllt liegt, frei zu machen durch einen Freigewordenen.
– Jean Paul
Aber leider versagen die meisten nur darum zu viel, weil sie entweder fürchten oder wünschen, nachher zu viel zu geben.
– Jean Paul
Bloß mit leeren Gräbern fliegt die Erde um die Sonne; denn ihre Toten stehen entfernt auf hellern Sonnen.
– Jean Paul
An andern liebt man Vollkommenheiten, an sich sich.
– Jean Paul
Wer einen Stelzfuß oder gar zwei hat, fragt nichts nach Kot.
– Jean Paul
Wo der Tadel das Ehrgefühl des Kindes versehrte, da unterdrückte ich ihn, um meine Kollegen in der Runde durch das Beispiel zu lehren, daß das Ehrgefühl, das unsere Tage nicht genug erziehen, das Beste im Menschen sei – daß alle andre Gefühle, selbst die edelsten, ihn in Stunden aus ihren Armen fallen lassen, wo ihn das Ehrgefühl in seinen emporhält – daß unter den Menschen, deren Grundsätze schweigen und deren Leidenschaften ineinanderschreien, bloß ihr Ehrgefühl dem Freunde, dem Gläubiger und der Geliebten eine eiserne Sicherheit verleihe.
– Jean Paul
Wie soll ohne die ideale Jugend-Glut das Leben reifen, oder der Wein ohne August?
– Jean Paul
Er denkt gut – aber von sich.
– Jean Paul
Derselbe Mann, der mich besucht, zeigt sich ganz anders, als wenn ich ihn besuche. Beide Verhältnisse geben erst den Durchschnitt seines Charakters. Ja wieder anders zeigt er sich im Begegnen auf der Reise, wo er weder Gast noch Wirt ist, sondern nur Erdbürger.
– Jean Paul
Und wenn uns die Menschen verlassen und verwunden: so breitet ja auch immer der Himmel, die Erde und der kleine blühende Baum seine Arme aus und nimmt den Verletzten darein auf [...].
– Jean Paul
Der Mensch ist nie allein: Das Selbstbewusstsein macht, dass immer zwei Ich in einer Stube sind.
– Jean Paul
Jeder ist mit seinem Leibe sein eignes Gebeinhaus.
– Jean Paul
An den Menschen sind vorn und hinten, wie an den Büchern, zwei leere weiße Buchbinderblätter – Kindheit und Greisenalter.
– Jean Paul
Wer nach Osten reiset, gewinnt einen Tag – nach der Freude, gewinnt er viel mehr als Jahre – sondern ein langes Stück Ewigkeit.
– Jean Paul
Wie anders sind die Leiden des Sünders als die des Frommen! Jene sind eine Mondsfinsternis, durch welche die schwarze Nacht noch wilder und schwärzer wird; diese sind eine Sonnenfinsternis, die den heißen Tag abkühlt und romantisch beschattet und worin die Nachtigallen zu schlagen anfangen.
– Jean Paul
Man muß seine Behauptungen nie entscheidend in Gesellschaft aufstellen, weil man sonst andern Mut und Lust benimmt, sie anzufechten. Einer, der alle seine Sätze mit einem ›vielleicht‹ entkräftet, lockt aus andern ihre Widersprüche und Meinungen.
– Jean Paul
Man wird von der Menge öfter ohne Grund gehasset als ohne Grund geliebt.
– Jean Paul
Jedes Geschlecht vergibt bloß die Fehler des seinigen dem andern Geschlecht nicht.
– Jean Paul
Aber die vollendete Aufrichtigkeit steht nur der Tugend an: der Mensch, in dem Argwohn und Finsternis ist, leg' immer seinem Busen Nachtschrauben und Nachtriegel an, der Böse verschon' uns mit seiner Leichenöffnung, und wer keine Himmeltür an sich zu öffnen hat, lasse das Höllentor zu!
– Jean Paul
Ein sanftes Nachgeben besiegt [...] weit mehr als starres Widerstreben.
– Jean Paul
Oft hat weder die Majorität noch Minorität Recht, sondern eine dritte Partei, gegen welche die Minorität eine Majorität ist.
– Jean Paul
Die Liebe wirft den Jüngling aus seinem Ich hinaus unter andre Ich, das Mädchen aber aus fremden in das ihrige hinein.
– Jean Paul
Humor ist auch eine Erhebung gegen den Himmel. Nur geht man wie der Vogel Merops mit dem Hintern zuerst.
– Jean Paul
Aber da keiner von uns die Hand eines Leichnams fassen und sagen kann: »du Blasser, ich habe dir doch dein fliegendes Leben versüßet, ich habe doch deinem zusammengefallenen Herzen nichts gegeben als lauter Liebe, lauter Freude« – da wir alle, wenn endlich die Zeit, die Trauer, der Lebens-Winter ohne Liebe unser Herz verschönert haben, mit unnützen Seufzern desselben an die umgeworfenen Gestalten, die unter dem Erdfall des Grabes liegen, treten und sagen müssen: »O daß ich nun, da ich besser bin und sanfter, euch nicht mehr habe und nicht mehr lieben kann – o daß schon die gute Brust durchsichtig und eingebrochen ist und kein Herz mehr hat, die ich jetzt schöner lieben und mehr erfreuen würde als sonst« – was bleibt uns noch übrig als ein vergeblicher Schmerz, als eine stumme Reue und unaufhörliche bittere Tränen? – Nein [...], etwas Bessers bleibt uns übrig, eine wärmere, treuere, schönere Liebe gegen jede Seele, die wir noch nicht verloren haben.
– Jean Paul