Friedrich Hebbel Zitate

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Auf ein schlummerndes Kind Wenn ich, o Kindlein, vor dir stehe, Wenn ich im Traum dich lächeln sehe, Wenn du erglühst so wunderbar, Da ahne ich mit süßem Grauen: Dürft' ich in deine Träume schauen, So wär' mir Alles, Alles klar! Dir ist die Erde noch verschlossen, Du hast noch keine Lust genossen, Noch ist kein Glück, was du empfingst; Wie könntest du so süß denn träumen, Wenn du nicht noch in jenen Räumen, Woher du kamest, dich erging'st?
Friedrich Hebbel
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Auf eine Unbekannte Die Dämmerung war längst herein gebrochen, Ich hatt' dich nie geseh'n, du tratst heran, Da hat dein Mund manch mildes Wort gesprochen In heil'gem Ernst, der dir mein Herz gewann. Still, wie du nahtest, hast du dich erhoben Und sanft uns Allen gute Nacht gesagt, Dein Bild war tief von Finsterniß umwoben, Nach deinem Namen hab' ich nicht gefragt. Nun wird mein Auge nimmer dich erkennen, Wenn du auch einst vorüber gehst an mir, Und hör' ich dich von fremder Lippe nennen, So sagt dein Name selbst mir Nichts von dir. Und dennoch wirst du ewig in mir leben, Gleichwie ein Ton lebt in der stillen Luft, Und kann ich Form dir und Gestalt nicht geben, So reißt auch keine Form dich in die Gruft. Das Leben hat geheimnißvolle Stunden, D'rin thut, selbst herrschend, die Natur sich kund; Da bluten wir und fühlen keine Wunden, Da freu'n wir uns und freu'n uns ohne Grund. Vielleicht wird dann zu flüchtigstem Vereine Verwandtes dem Verwandten nah' gerückt, Vielleicht, ich schaudre, jauchze oder weine, Ist's dein Empfinden, welches mich durchzückt!
Friedrich Hebbel
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Winterreise Wie durch so manchen Ort Bin ich nun schon gekommen, Und hab' aus keinem fort Ein freundlich Bild genommen. Man prüft am fremden Gast Den Mantel und den Kragen, Mit Blicken, welche fast Die Liebe untersagen. Der Gruß trägt so die Spur Gleichgültig-off'ner Kälte, Daß ich ihn ungern nur Mit meinem Dank vergelte. Und weil sie in der Brust Mir nicht die Flamme nähren, So muß sie ohne Lust Sich in sich selbst verzehren. Da ruf' ich aus mit Schmerz, Indem ich fürbaß wand're: Man hat nur dann ein Herz, Wenn man es hat für and're.
Friedrich Hebbel
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Auf ein altes Mädchen Dein Auge glüht nicht mehr, wie einst, Und deine Wang' ist nicht mehr rot, Und wenn du jetzt vor Sehnsucht weinst, So gilt es keinem, als dem Tod. Nichts bist du, als ein Monument, Das, halb verwittert und gering, Nur kaum noch einen Namen nennt, Mit dem ein Leben unterging. Doch, wie hervor die Toten geh'n Aus ihrer Gruft in mancher Nacht, Darfst du zuweilen aufersteh'n Zu altem Glanz und alter Pracht, Wenn tief dich ein Gefühl ergreift, Wie es vielleicht dich einst bewegt, Und dir den Schnee vom Herzen streift, Der längst sich schon darauf gelegt. Da bist du wieder, wie zuvor, Und was die Mutter einst entzückt, Wodurch du der Gespielen Chor Einst anspruchlos und still beglückt, Das Alles ist noch einmal dein, Von einem Wunderstrahl erhellt, Gleichwie vom späten Mondenschein Die rings in Schlaf begrabne Welt. Mir aber wird es trüb zu Mut, Mir sagt ein unbekannter Schmerz, Daß tief in dir verschlossen ruht, Was Gott bestimmt hat für mein Herz, Und will's dann hin zu dir mich zieh'n, Ach, mit allmächtiger Gewalt, So muß ich stumm und blutend flieh'n, Denn du bist wieder tot und kalt.
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Das Prinzip des zu viel Regierens braucht nur bis zur letzten Konsequenz durchgeführt zu werden, dann hebt es sich von selbst wieder auf. So wie man bisher jedem Dorf und in demselben wieder jeder Korporation einen Vormund gesetzt hat, so wird man zuletzt jedem einzelnen Menschen einen setzen müssen, und da man die Vormünder doch eben nur aus der menschlichen Gesellschaft selbst hernehmen kann, so wird dann jeder Mensch wieder sein eigener Vormund sein. Wie denn alle Bewegung der Geschichte weniger eine Vermittlung der Extreme ist, als eine allmähliche Wanderung von einem Extrem zum andern, und wieder zurück.
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Der Becher (Auf dem Straßburger Münster gedichtet) Von einem Wunderbecher Hab' ich mit Angst geträumt, Woraus dem durst'gen Zecher Die höchste Fülle schäumt. Draus sollt' ich alles trinken, Was Erd' und Himmel bot, Doch mußt' ich dann versinken In einen ew'gen Tod. Mit Wonne und mit Grausen Hielt ich ihn in der Hand, Ein wundersames Brausen In seinem Kelch entstand; Es flog an mir vorüber Die Welt in Nacht und Glanz, Wie regellos im Fieber Verworr'ner Bilder Tanz. Und als ich länger blickte, Bis auf den Grund hinein, Wie Blitzesflamme zückte Mir's da durch Mark und Bein, Und, gänzlich drin versunken, Ward mir zuletzt zu Sinn, Als hätt' ich schon getrunken Und schwände nun dahin.
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Der Schmetterling Ein Jugendbild Ein Räuplein saß auf kleinem Blatt, Es saß nicht hoch, doch aß es satt Und war auch wohl geborgen; Da ward das kleine Raupending Zum Schmetterling, An einem schönen Morgen Zum bunten Schmetterling. Der Schmetterling blickt um sich her, Es wogt um ihn ein goldnes Meer Von Farben und von Düften; Er regt entzückt die Flügelein: Muß bei euch sein, Ihr Blumen auf den Triften, Muß ewig bei euch sein! Er schwingt sich auf, ihn trägt die Luft So leicht empor, er schwelgt in Duft, O Freude, Freude, Freude! Da saus't ein scharfer Wind vorbei, Reißt ihm entzwei Die Flügel alle beide, Der Wind reißt sie entzwei. Er taumelt, ach! so matt, so matt, Zurück nun auf das kleine Blatt, Das ihn ernährt als Raupe. O weh', o weh', du armes Ding! Ein Schmetterling, Der nährt sich nicht vom Laube – Du armer Schmetterling! Ihm ist das Blatt jetzt eine Gruft, Ihn letzt nur Blumensaft und Duft, Die kann er nicht erlangen, Und eh' noch kommt das Abendroth, Sieht man ihn todt An seinem Blättlein hangen, Ach kalt, erstarrt und todt!
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