Christian Morgenstern Zitate
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Die kleinen Schwächen legt man am schwersten ab, so wie man der Moskitos weit schwerer Herr wird als des Skorpions oder der Schlange. Und so ist es recht eigentlich das Kleine, was den Fortschritt der Menschheit aufhält: Gedankenlosigkeit, Unaufmerksamkeit, Trägheit, Lauheit.
– Christian Morgenstern
So klein der Winkel, so groĂź der DĂĽnkel.
– Christian Morgenstern
Die meisten Ehen werden geschlossen, wie nur Liebschaften angeknĂĽpft werden dĂĽrften.
– Christian Morgenstern
In der Katze hast du Mißtrauen, Wollust und Egoismus, die drei Tugenden des Renaissance-Menschen nach Stendhal und anderen. Damit ist sie, ich möchte sagen, das konzentrierteste Tier. Der Hund ist dagegen gläubig, selbstlos und erotisch kulturlos. Unsere heutige Zivilisation nähert sich mehr der Stufe des Hundes. Das Christentum ist vornehmlich gegen die Katze gerichtet. Man darf nach dem allen in einigen Jahrhunderten den Menschen erwarten.
– Christian Morgenstern
Zu FĂĽrsten: Zeige mir, wie Du baust, und ich sage Dir, wer Du bist.
– Christian Morgenstern
Was ich heute tue, tue ich nicht um meinetwillen, sondern um meiner Liebe zum Menschen willen.
– Christian Morgenstern
Manchen Menschen würden Weihnachtskataloge, Zeitungsannoncen, und zu Mundwassern, Seife, Thermosflaschen, Petroleumöfen usw. beigepackte Erklärungen und Referate für lebenslängliche Lektüre völlig genügen.
– Christian Morgenstern
Nichts macht das Leben ärmer als vieles anfangen und nichts vollenden.
– Christian Morgenstern
Es gibt kaum eine größere Gefahr für einen Menschen wie mich, als Nietzsche zu lesen. Es ist wie ein Wühlen im Schmerz meines eigenen Unwerts.
– Christian Morgenstern
Sieh an, wie ein Zweirad in Bewegung und Fahrt gesetzt wird. Wenn du deinen Willen so in Bewegung und Fahrt zu setzen vermagst, so wirst du nach einigen Schwankungen wie ein Meister im Sattel sitzen.
– Christian Morgenstern
Es gibt fertigere Menschen denn mich, sicherlich ungezählte. Aber keiner ist fertig, soll je fertig sein.
– Christian Morgenstern
Es gehört mit zum Seltsamsten, was es gibt: Das pure, lautere Gold liegt vor uns, um uns. Aber wir leben mit Blei, Kupfer, Zinn; von Minderem zu schweigen. Wir haben die Wahrheit wie die Sonne über uns und folgen Schatten und Gespenstern.
– Christian Morgenstern
Ich halte es nicht für das größte Glück, einen Menschen ganz enträtselt zu haben, ein größeres noch ist, bei dem, den wir lieben, immer neue Tiefen zu entdecken, die uns immer mehr die Unergründlichkeit seiner Natur nach ihrer göttlichen Seite hin offenbaren.
– Christian Morgenstern
Ich mag die Verärgerten nicht leiden.
– Christian Morgenstern
In diesen Erzählungen von Liebe sehe ich immer nur eines: die Liebe als Selbstpreis. Selten oder nie, daß diese Menschen durch ihre Liebe zu einander wachsen wollen, daß sie sich über sich hinaus lieben. Daher denn auch die Übersättigung, ja der Ekel, der einen nach und vor derlei erfaßt, ein Verlangen, es möchte doch auch hier endlich eine neue Optik Platz greifen, eine tiefere, religiösere Betrachtung des Liebeslebens.
– Christian Morgenstern
Schön ist eigentlich alles, was man mit Liebe betrachtet. Je mehr jemand die Welt liebt, desto schöner wird er sie finden.
– Christian Morgenstern
Napoleon war ein Naturereignis. Ihn einen großen Schlächter schmähen heißt nichts anderes, als ein Erdbeben groben Unfug schelten oder ein Gewitter öffentliche Ruhestörung.
– Christian Morgenstern
Beim Vorlesen einiger Nietzschescher Aphorismen: – Geistige Austern.
– Christian Morgenstern
Zwischen Weinen und Lachen schwingt die Schaukel des Lebens. Zwischen Weinen und Lachen fliegt in ihr der Mensch.
– Christian Morgenstern
Ich bin der leichterregbarste und unbeeinfluĂźbarste Mensch, den ich kenne.
– Christian Morgenstern
Nirgends kann das Leben so roh wirken, wie konfrontiert mit edler Musik.
– Christian Morgenstern
Mancher sucht sein Leben lang Kameradschaft, – aber man muß mit diesem Bedürfnis im Herzen nicht zu Frauen gehen. Sie wollen, eine jede, ausschließlich geliebt sein, sie wollen aus aller Kraft die Episode der Liebe, aber ohne sie dabei als Episode aufzufassen.
– Christian Morgenstern
»Die Welt!« Was soll das Angstgestöhn! Wollt sie schön, so ist sie schön!
– Christian Morgenstern
Den Ästhetikern: Zeigt Wege der Zukunft, aber beschwört nicht ewig die Toten gegen uns.
– Christian Morgenstern
Man muß die Gegenwart von ihrer Wissenschaft reden hören, um zu wissen, was ein Parvenü ist.
– Christian Morgenstern
Jedem, der seine Gedanken niederlegt, blickt schon im Augenblick des Schreibens ein Größerer über die Schulter, sei es ein Vergangener, Lebendiger, oder noch Ungeborener. Wohl dem, der diesen Blick fühlt: Er wird sich nie wichtiger nehmen, als ein geistiger Mensch sich nehmen darf.
– Christian Morgenstern
Wenn jemand gegen etwas vorgeht, so geht er nicht gegen das ganze Etwas vor: denn das sieht er dann gar nicht mehr. Sondern er sieht dann nur noch das ›rote Tuch‹ in dem Etwas. Nie wird gegen ›etwas‹ vorgegangen, immer nur gegen rotes Tuch. Und wenn zwei Völker gegen einander ziehen, so stürzt ein jedes bloß gegen rotes Tuch: denn wie könnte ein Volk wider ein andres Volk sein, wenn nicht die Helden vom roten Tuch wären, wenn nicht unaufhörlich von hüben und drüben auf rotes Tuch aufmerksam gemacht würde, so daß die Völker, die armen Stiere, zuletzt wild werden und einander anrennen.
– Christian Morgenstern
Jede Krankheit hat ihren besonderen Sinn, denn jede Krankheit ist eine Reinigung; man muß nur herausbekommen, wovon. – Es gibt darüber sichere Aufschlüsse; aber die Menschen ziehen es vor, über hunderte und tausende fremder Angelegenheiten zu lesen und zu denken, statt über ihre eigenen.
– Christian Morgenstern
Wahrlich eine verderbliche Lehre: es sei die Bestimmung des Weibes, Gattin oder Mutter zu werden. Damit wird das Weib als Mensch, als Individuum völlig ausgeschaltet, als hätte es an sich überhaupt keinen Wert, keinen Sinn, keine Entwickelungsmöglichkeiten, habe überhaupt nur in Beziehung auf Gatten und Kind Existenzberechtigung.
– Christian Morgenstern
Wir leben heute noch recht wie Kinder, noch nicht wie erwachsene bewußte Menschen. Wir essen und trinken ruhig, während Mitmenschen neben uns verhungern und verdursten, wir gehen fröhlich in Freiheit herum, während Mitmenschen neben uns in Kerkern verderben. Wir können uns in jeder Weise freuen, während um uns in jeder Weise gelitten wird, und wenn wir selbst leiden, so haben wir die Unbefangenheit, mit dem Schicksal darum zu hadern. O, daß unser Herz und Geist mit den Zeiten verwandelt würde und diese bittere Häßlichkeit von uns abfiele und wir aus Kindern Erwachsene würden.
– Christian Morgenstern