Karl Kraus Zitate
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Zum Teufel mit dem Geschwätz über die sexuelle Aufklärung der Jugend! Sie erfolgt noch immer besser durch den Mitschüler, der im Lesebuch das Wort »Hören« anstreicht, als durch den Lehrer, der die Sache als eine staatliche Einrichtung erklärt, die so wichtig sei und so kompliziert wie das Steuerzahlen.
– Karl Kraus
Die Liebe der Geschlechter ist in der Theologie eine Sünde, in der Jurisprudenz ein unerlaubtes Verständnis, in der Medizin ein mechanischer Insult, und die Philosophie gibt sich mit so etwas überhaupt nicht ab.
– Karl Kraus
In der erotischen Sprache gibts auch Metaphern. Der Analphabet nennt sie Perversitäten. Er verabscheut den Dichter.
– Karl Kraus
Wir Menschen sind doch bessere Wilde.
– Karl Kraus
Und das Chaos sei willkommen – denn die Ordnung hat versagt!
– Karl Kraus
Sie haben die Presse, sie haben die Börse, jetzt haben sie auch das Unterbewußtsein!
– Karl Kraus
Fechten und Keulenschwingen sind trügerische Entfettungskuren. Sie schaffen Hunger und Durst. Was den meisten Menschen abgeht und was ihnen unfehlbar helfen könnte, ist die Möglichkeit, geistige Bewegung zu machen.
– Karl Kraus
Der »starre Buchstabe des Gesetzes«? Das Leben selbst ist zum Buchstaben erstarrt, und was bedeutet neben solchem Zustand die Leichenstarre der Gesetzlichkeit!
– Karl Kraus
Diese finden jenes, jene dieses schön. Aber sie müssen es »finden«. Suchen will es keiner.
– Karl Kraus
Es ist nicht wahr, daß man ohne eine Frau nicht leben kann. Man kann bloß ohne eine Frau nicht gelebt haben.
– Karl Kraus
Der deutsche Hochgedanke hat dank der Normalwäsche den Weg durch Einheit zur Unreinheit genommen.
– Karl Kraus
Ein heutiges Kind lacht den Vater aus, der ihm von Drachen erzählt. Es ist notwendig, daß das Gruseln ein obligater Gegenstand wird; sonst lernen sie es nie.
– Karl Kraus
Mein Blick fiel auf die letzte Seite des Dramas »Jugend«. Wie jung war damals die Literatur! Hänschen wirft sich über Annchens Leichnam mit dem Rufe: »A-us!«. Stünde »Aus!«, hätte es der Darsteller wohl nicht getroffen. In der Tat, der Naturalismus war der Schwimmeister der Unzulänglichkeit. Wenn er ihr nicht den Gürtel des Dialekts gab, hielt er ihr mindestens mit solchen Anweisungen die Stange.
– Karl Kraus
Jetzt sind alle Gedankengänge Laufgräben. Meine gar Katakomben.
– Karl Kraus
Es gibt Weiber, die so stolz sind, daß sie sich nicht einmal durch Verachtung zu einem Manne hingezogen fühlen.
– Karl Kraus
Ich bin bescheiden, ich weiß, mein Leben durchzieht nur die Frage: Fahrn mer Euer Gnaden? Aber es kommt auf die Geistesgegenwart an, mit der ich immer eine neue Antwort finde.
– Karl Kraus
Auch hängt noch über mancher Bauerntafel ein Klumpen Zucker, an dem sie gemeinsam lecken. Ich möchte lieber dort eingeladen sein, als ein Konzert besuchen.
– Karl Kraus
Wes das Herz leer ist, des gehet der Mund über.
– Karl Kraus
Ist der »Masochismus« die Unfähigkeit, anders als im Schmerz zu genießen, oder die Fähigkeit, aus Schmerzen Genuß zu ziehen?
– Karl Kraus
Für den Nachteil des Mannes, nicht immer erhören zu können, wurde er mit der Feinfühligkeit entschädigt, die Unvollkommenheit der Natur in jedem Falle als eine persönliche Schuld zu empfinden.
– Karl Kraus
Haß muß produktiv machen. Sonst ist es gleich gescheiter, zu lieben.
– Karl Kraus
Sie verstehen ihre eigene Sprache nicht, und so würden sie es auch nicht verstehen, wenn man ihnen verriete, daß das beste Deutsch aus lauter Fremdwörtern zusammengesetzt sein könnte, weil nämlich der Sprache nichts gleichgültiger sein kann als das »Material«, aus dem sie schafft.
– Karl Kraus
Die Kritik beweist nicht immer ihren gewohnten Scharfblick; sie ignoriert oft die wertlosesten Erscheinungen.
– Karl Kraus
Ein Weib ist manchmal ein ganz brauchbares Surrogat für die Selbstbefriedigung. Freilich gehört ein Übermaß von Phantasie dazu.
– Karl Kraus
Kosmetik ist die Lehre vom Kosmos des Weibes.
– Karl Kraus
Nichts da, ich bin kein Raunzer; mein Haß gegen diese Stadt ist nicht verirrte Liebe, sondern ich habe eine völlig neue Art gefunden, sie unerträglich zu finden.
– Karl Kraus
In der Nacht sind alle Kühe schwarz, auch die blonden.
– Karl Kraus
Wirkung der Kunst ist ein Ding, das ohne Anfang ist und dafür ohne Ende.
– Karl Kraus
Kinder psychoanalytischer Eltern welken früh. Als Säugling muß es zugeben, daß es beim Stuhlgang Wollustempfindungen habe. Später wird es gefragt, was ihm dazu einfällt, wenn es auf dem Weg zur Schule der Defäkation eines Pferdes beigewohnt hat. Man kann von Glück sagen, wenn so eins noch das Alter erreicht, wo der Jüngling einen Traum beichten kann, in dem er seine Mutter geschändet hat.
– Karl Kraus
Journalist heißt einer, der das, was der Leser sich ohnehin schon gedacht hat, in einer Form ausspricht, in der es eben doch nicht jeder Kommis imstande wäre.
– Karl Kraus