Der Wunsch, einen eigenen Tod zu haben, wird immer seltener. Eine Weile noch, und er wird ebenso selten sein wie ein eigenes Leben.
– Rainer Maria Rilke
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Der Wunsch, einen eigenen Tod zu haben, wird immer seltener. Eine Weile noch, und er wird ebenso selten sein wie ein eigenes Leben.
– Rainer Maria Rilke
Es gibt so viele Dinge, die einem ein alter Mann erzählen sollte, solange man noch klein ist; denn wenn man erwachsen ist, würde man sie ganz selbstverständlich wissen.
– Rainer Maria Rilke
Das viele Schweigen ist wie Raum zwischen uns, aber nicht wie Zeit: es trennt uns nicht ab, es bestimmt nur die Maße unserer Gemeinsamkeit und macht sie sehr weit.
– Rainer Maria Rilke
Und wenn wir wieder von der Einsamkeit reden, so wird immer klarer, daß das im Grunde nichts ist, was man wählen oder lassen kann. Wir sind einsam. Man kann sich darüber täuschen und tun, als wäre es nicht so. Das ist alles. Wieviel besser ist es aber, einzusehen, daß wir es sind, ja geradezu, davon auszugehen.
– Rainer Maria Rilke
Das Heimweh, welches die vier Menschen schon fast vergessen hatten, kam wieder in einer anderen, unerwarteten Gestalt über sie. Sie sehnten sich nicht mehr nach der Vergangenheit, sondern sie träumten in den heißen Stuben hinter dicht verhangenen Fenstern von dem leichten, luftigen Dorfsommer, dem die kühlen Winde so nachbarlich sind. Von den hellen Feldwegen, über welche die jungen Obstbäumchen ihre ruhend dünnen Schatten legen, so daß man drüber hin wie auf einer Leiter geht, von Strich zu Strich. Von den schweren, reifen Feldern, die so breit und prächtig zu wogen beginnen gegen den Abend zu, und von den Hainen, in deren dunkelnder Stille die schweigsamen Teiche liegen, von denen niemand weiß, wie tief sie sind. Und dabei dachte jeder von den vier Menschen an irgendeine bestimmte unbedeutende Stunde, deren kleines Glück man einst, ohne es zu werten, ebenso mitgenommen hatte. Und umso schmerzlicher war dieses Sehnen, als es nicht ein Unwiederbringliches betraf, als jeder fühlte, wie der heitere Heimatsommer ihn erwartete und traurig wurde, wenn keiner kam.
– Rainer Maria Rilke
Alles, was mehr aus uns macht, ist Gnade für uns.
– Rainer Maria Rilke
Will dir den Frühling zeigen, der hundert Wunder hat. Der Frühling ist waldeigen und kommt nicht in die Stadt.
– Rainer Maria Rilke
XXVI Matt durch der Tale Gequalme wankt Abend auf goldenen Schuhn, – Falter, der träumend am Halme hangt, weiß nichts vor Wonne zu tun. Alles schlürft heil an der Stille sich. – Wie da die Seele sich schwellt, daß sie als schimmernde Hülle sich legt um das Dunkel der Welt.
– Rainer Maria Rilke
Ich glaube nicht, daß das zerstörte Alte schon etwas Neues ist.
– Rainer Maria Rilke
Sobald die Erkenntnis akzeptiert ist, dass selbst zwischen den engsten Menschen unendliche Entfernungen bestehen, kann ein wunderbares Nebeneinanderleben wachsen, wenn es ihnen gelingt, den Abstand zwischen ihnen zu lieben, der es jedem ermöglicht, den anderen ganz gegen den Himmel zu sehen.
– Rainer Maria Rilke
Die tiefste Erfahrung des Schöpfers ist weiblich, denn sie ist eine Erfahrung des Empfangens und Ertragens.
– Rainer Maria Rilke
Die Dinge sind alle nicht so faßbar und sagbar, als man uns meistens glauben machen möchte; die Ereignisse sind unsagbar, vollziehen sich in einem Raum, den nie ein Wort betreten hat…
– Rainer Maria Rilke
Ich habe mich oft gefragt, ob nicht gerade die Tage, die wir gezwungen sind, müßig zu sein, diejenigen sind, die wir in tiefster Tätigkeit verbringen? Ob nicht unser Handeln selbst, wenn es später kommt, nur der letzte Nachklang einer großen Bewegung ist, die in untätigen Tagen in uns geschieht? Jedenfalls ist es sehr wichtig, mit Vertrauen müßig zu sein, mit Hingabe, womöglich mit Freude. Die Tage, da auch unsere Hände sich nicht rühren, sind so ungewöhnlich still, dass es kaum möglich ist, sie zu erleben, ohne vieles zu hören.
– Rainer Maria Rilke
Die Menschen, wenn es angeht, sie ganz vorübergehend mit Deckeln zu vergleichen, sitzen höchst ungern und schlecht auf ihren Beschäftigungen. Teils weil sie nicht auf die richtigen gekommen sind in der Eile, teils weil man sie schief und zornig aufgesetzt hat, teils weil die Ränder, die aufeinander gehörten, verbogen sind, jeder auf seine Art.
– Rainer Maria Rilke
Das Schöne ist nichts als des Schrecklichen Anfang, den wir noch grade ertragen.
– Rainer Maria Rilke
Eines ist nur wahr neben dem anderen, und ich denke immer, die Welt ist geräumig genug vorgesehen, um alles zu erfassen: das, was war, muß nicht von der Stelle geräumt, nur langsam verwandelt werden, so wie das, was sein wird, nicht von den Himmeln fällt im letzten Augenblick, sondern immer schon neben uns, um uns und in unserem Herzen sich aufhält, auf den Wink wartend, der es ins Sichtbare ruft.
– Rainer Maria Rilke
Hier ist das Wunder, das allen immer widerfährt, die wirklich lieben; je mehr sie geben, desto mehr besitzen sie von der kostbaren erhaltenden Liebe, die Blumen und Kindern Stärke verleiht und die allen Menschen helfen könnte, wenn sie sie ohne Zweifel hinnähmen.
– Rainer Maria Rilke
Das ist das Wunder, das denjenigen, die wirklich lieben, jedes Mal widerfährt: Je mehr sie geben, desto mehr besitzen sie.
– Rainer Maria Rilke
Diese plötzliche Verlagerung aller Kräfte in uns, diese Begegnungen mit der Seele geschehen nur nach vielen Krisen; die meisten Künstler vermeiden diese, indem sie sich ablenken, und das ist der Grund, warum sie es nie fertigbringen, zum Zentrum ihrer Produktivität zurückzukehren, von dem sie im Moment ihres reinsten Impulses ausgegangen sind.
– Rainer Maria Rilke
Güte ist, wie alle so genannten Tugenden, nicht etwas Vorhandenes, blind Wirkendes, sondern angewandtes eigenes Erleben auf fremde Dürftigkeit.
– Rainer Maria Rilke
Die Liebe weiß nicht sich zu bescheiden, ihr Verlangen ist ihre Vorschrift, ihr Entzücken ihr Gesetz, sie hat kein Maß als ihr Übermaß; ihr Besitzrecht beruht in der Kühnheit, auf alles Anspruch zu machen und in der Freiheit alles zu versuchen. Aber freilich: diese Anrechte hat die Liebe nur unter der Voraussetzung, daß sie immer den rechten Weg geht. Wenn sie sich verlaufen hat, so muß sie auf weiten Umwegen zurückkommen und muß zittern und weinen um ihre Verirrung und durch ihre Beschämung ihre Fehler versühnen.
– Rainer Maria Rilke
Alles Glück, von dem je Herzen gezittert haben; alle Größe, an die zu denken uns fast zerstört; jeder von den weiten umwandelnden Gedanken: es gab einen Augenblick, da sie nichts waren als das Schürzen von Lippen, das Hochziehn von Augenbrauen, schattige Stellen auf Stirnen; und dieser Zug um den Mund, diese Linie über den Lidern, diese Dunkelheit auf einem Gesicht, – vielleicht waren sie genau so schon vorher da: als Zeichnung auf einem Tier, als Furche in einem Felsen, als Vertiefung auf einer Frucht...
– Rainer Maria Rilke
Lieben Sie Ihre Einsamkeit, und tragen Sie den Schmerz, den sie Ihnen verursacht. … Vermeiden Sie, jenem Drama, das zwischen Eltern und Kindern immer ausgespannt ist, Stoff zuzuführen; es verbraucht viel Kraft der Kinder und zehrt die Liebe der Alten auf. … Verlangen Sie keinen Rat von ihnen und rechnen Sie mit keinem Verstehen; aber glauben Sie an eine Liebe, die für Sie aufbewahrt wird wie eine Erbschaft.
– Rainer Maria Rilke
Ist es möglich, daß die ganze Weltgeschichte mißverstanden worden ist? Ist es möglich, daß die Vergangenheit falsch ist, weil man immer von ihren Massen gesprochen hat, gerade als ob man von einem Zusammenlauf vieler Menschen erzählte, statt von dem Einen zu sagen, um den sie herumstanden, weil er fremd war und starb?
– Rainer Maria Rilke
Man kann gar nicht oft genug im Leben das Gefühl des Anfangs in sich aufwecken, es ist so wenig äußere Veränderung dafür nötig, denn wir verändern ja die Welt von unserem Herzen aus, will dieses nur neu und unermeßlich sein, so ist sie sofort wie am Tage ihrer Schöpfung und unendlich.
– Rainer Maria Rilke
Alle Emotionen sind rein, die dich sammeln und emporheben; die Emotion ist unrein, die nur eine Seite deines Wesens ergreift und dich so verzerrt.
– Rainer Maria Rilke
Ob die Erfüllung eigentlich etwas mit den Wünschen zu tun hat? Ja, solang der Wunsch schwach ist, ist er wie eine Hälfte und braucht das Erfülltwerden wie eine zweite Hälfte, um etwas Selbständiges zu sein. Aber Wünsche können so wunderbar zu etwas Ganzem, Vollem, Heilem auswachsen, das sich gar nicht mehr ergänzen läßt, das nur noch aus sich heraus zunimmt und sich formt und füllt.
– Rainer Maria Rilke
Vermeiden Sie, jenem Drama, das zwischen Eltern und Kindern immer ausgespannt ist, Stoff zuzuführen; es verbraucht viel Kraft der Kinder und zehrt die Liebe der Alten auf, die wirkt und wärmt, auch wenn sie nicht begreift. Verlangen Sie keinen Rat von ihnen und rechnen Sie mit keinem Verstehen; aber glauben Sie an eine Liebe, die für Sie aufbewahrt wird wie eine Erbschaft, und vertrauen Sie, daß in dieser Liebe eine Kraft ist und ein Segen, aus dem Sie nicht herausgehen müssen, um ganz weit zu gehen!
– Rainer Maria Rilke
Die Zeit der andern Auslegung wird anbrechen, und es wird kein Wort auf dem andern bleiben.
– Rainer Maria Rilke
Und der Letzte geht vielleicht vorüber und erkennt mich nicht obzwar ich brenn. Ach die Bäume hängen glühend über und ich fühle keinen Fühlenden.
– Rainer Maria Rilke