Marie von Ebner-Eschenbach Zitate
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Wir können es nicht lassen zu fragen, und das arme »Warum?« kommt hervorgekrochen, wandert hin und her, pflanzt sich auf da und dort. Ob von schüchterner, ob von kecker Art, ob es verweilt, sich vertieft oder nur flüchtig vorüberhuscht, ob es mit Flüchen empfangen wurde oder mit lauten Jubelrufen – am Ende gleitet es immer unbefriedigt und beschämt in sein Nebelreich zurück.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Vertrauensselig – ein schönes Wort. Vertrauen macht selig den, der es hat, und den, der es einflößt.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Ausnahmen sind nicht immer Konstatierung der alten Regel; sie können auch die ersten Samenkörner einer neuen Regel sein.
– Marie von Ebner-Eschenbach
In früheren Zeiten konnte einer ruhig vor seinem vollen Teller sitzen und sich’s schmecken lassen, ohne sich darum zu kümmern, dass der Teller seines Nachbarn leer war. Das geht jetzt nicht mehr, außer bei den geistig völlig Blinden. Allen übrigen wird der leere Teller des Nachbarn den Appetit verderben.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Heilige, stille Einsamkeit, Mutter aller Gnaden!
– Marie von Ebner-Eschenbach
Für das Besserwerden gibt es keine Grenzen. Die Fähigkeit, geduldiger, nachsichtsvoller, mitleidiger, liebreicher zu werden, behält der edel angelegte Mensch bis ans Ende.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Ich war ein junges Mädchen, beinahe noch ein Kind, meine traumhaften Ansichten, meine Sympathien und Antipathien wechselten wie Aprilwetter; aber eines stand immer klar und felsenfest in mir: die Überzeugung, daß ich nicht über die Erde schreiten werde, ohne ihr eine wenigstens leise Spur meiner Schritte eingeprägt zu haben.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Ein guter Mensch zertrat zufällig einen Wurm. Das tat ihm sehr leid, und er drückte dem Sterbenden sein innigstes Bedauern aus. »Wie kann ich mein Unrecht sühnen?« fragte er, und der Wurm versetzte: »Dafür ist gesorgt; meine Nachkommen werden dich fressen.«
– Marie von Ebner-Eschenbach
In früheren Zeiten konnte einer ruhig vor seinem vollen Teller sitzen und sich's schmecken lassen, ohne sich darum zu kümmern, daß der Teller seines Nachbars leer war. Das geht jetzt nicht mehr, außer bei den geistig völlig Blinden. Allen übrigen wird der leere Teller des Nachbars den Appetit verderben – dem Braven aus Rechtsgefühl, dem Feigen aus Angst... Darum sorge dafür, wenn du deinen Teller füllst, daß es in deiner Nachbarschaft so wenig leere als möglich gibt. Begreifst du?
– Marie von Ebner-Eschenbach
Die Frau verliert in der Liebe zu einem hochstehenden Manne das BewuĂźtsein ihres eigenen Wertes; der Mann kommt erst recht zum BewuĂźtsein des seinen durch die Liebe einer edlen Frau.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Das schönste Freundschaftsverhältnis: wenn jeder von beiden es sich zur Ehre rechnet, der Freund des andern zu sein.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Der Arbeiter soll seine Pflicht tun; der Arbeitgeber soll mehr tun als seine Pflicht.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Der Zweifel am Siege entschuldigt nicht das Aufgeben des Kampfes.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Wenn du durchaus nur die Wahl hast zwischen einer Unwahrheit und einer Grobheit, dann wähle die Grobheit; wenn jedoch die Wahl getroffen werden muss zwischen einer Unwahrheit und einer Grausamkeit, dann wähle die Unwahrheit.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Die Willenskraft der Schwachen heiĂźt Eigensinn.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Vieles erfahren haben, heiĂźt noch nicht Erfahrung besitzen.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Was man noch tun kann, wenn man gar nichts anderes mehr tun kann, ist das, wozu man Talent hat.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Der Umgang mit einem Egoisten ist darum so verderblich, weil die Notwehr uns allmählich zwingt, in seinen Fehler zu verfallen.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Ein Dichter, der einen Menschen kennt, kann hundert schildern.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Gebrannte Kinder fĂĽrchten das Feuer oder vernarren sich darein.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Was die Götter nicht wissen Ares und Aphrodite ruhten auf rosigem Wolkenpfühl, kosten, träumten und warfen zeitweise dem Getriebe der Lebewesen auf der rollenden Kugel Erde einen lässigen Blick zu. Nun aber ging dort etwas vor, das die regere Aufmerksamkeit der Schaumgeborenen erweckte und ihr zu denken gab. Ihre Stirn umflorte sich; sie schloß den olympischen Heros fester an ihr Herz und fragte: »Wie lang wird unsere Liebe dauern? Was meinst du wohl?« Ares küßte ihre ambrosischen Lippen. »Das weiß ich so wenig, wie du es wissen kannst, himmlische Spenderin seligster Stunden«, sprach er, »und kein Gott weiß es.« »Nun denn, schau und höre!« Sie deutete mit der Hand auf vier Erdbewohner, von denen zwei, zärtlich umschlungen, dahinwallten, zwei, Flügel an Flügel geschmiegt, sich in der Luft wiegten: ein Menschenpaar und ein Paar Eintagsfliegen, und beide Pärchen, Menschen und Eintagsfliegen, schwuren einander feurig, aus tiefinnerster, jubelvoller Überzeugung – ewige Liebe. Der Gott und die Göttin lächelten, ein bißchen ironisch, ein bißchen wehmütig: »Eigentlich – beneidenswert!« sagten sie.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Zwischen Können und Tun liegt ein Meer und auf dem Grunde desselben die gescheiterte Willenskraft.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Es ist unglaublich, was die Welt vergißt und – was sie nicht vergißt.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Aller Haß, zu dem wir Menschen fähig sind, kann mit einer ganz einfachen Methode abgebaut werden: Man setzt sich jeden Abend eine halbe Stunde hin und verzeiht indem man sagt: „Wir wollen immer verzeihen. Dem Reuigen um seinetwillen, dem Reuelosen um unseretwillen“.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Die nicht zu danken verstehen, die sind die Ärmsten.
– Marie von Ebner-Eschenbach