Welt Zitate

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Wenn er [der Dichter] wahrhaft lebt, wenn er sich nicht klein und eigensinnig in sein dürftiges Ich verkriecht, sondern durchströmt wird von den unsichtbaren Elementen, die zu allen Zeiten im Fluß sind und neue Formen und Gestalten vorbereiten, so darf er dem Zug seines Geistes getrost folgen und kann gewiß sein, daß er in seinen Bedürfnissen die Bedürfnisse der Welt, in seinen Phantasien die Bilder der Zukunft ausspricht, womit es sich freilich sehr wohl verträgt, daß er sich in die Kämpfe, die eben auf der Straße vorfallen, nicht persönlich mischt.
Der Becher (Auf dem Straßburger Münster gedichtet) Von einem Wunderbecher Hab' ich mit Angst geträumt, Woraus dem durst'gen Zecher Die höchste Fülle schäumt. Draus sollt' ich alles trinken, Was Erd' und Himmel bot, Doch mußt' ich dann versinken In einen ew'gen Tod. Mit Wonne und mit Grausen Hielt ich ihn in der Hand, Ein wundersames Brausen In seinem Kelch entstand; Es flog an mir vorüber Die Welt in Nacht und Glanz, Wie regellos im Fieber Verworr'ner Bilder Tanz. Und als ich länger blickte, Bis auf den Grund hinein, Wie Blitzesflamme zückte Mir's da durch Mark und Bein, Und, gänzlich drin versunken, Ward mir zuletzt zu Sinn, Als hätt' ich schon getrunken Und schwände nun dahin.
Herbstgefühl Grünen, Blühen, Duften, Glänzen, Reichstes Leben ohne Grenzen, Alles steigernd, nirgends stockend, Selbst die kühnsten Wünsche lockend: Ja, da kann ich wohl zerfließen, Aber nimmermehr genießen; Solche Flügel tragen weiter, Als zur nächsten Kirschbaum-Leiter. Doch, wenn rot die Blätter fallen, Kühl die Nebelhauche wallen, Leis durchschauernd, nicht erfrischend, In den warmen Wind sich mischend: Dann vom Endlos-Ungeheuren Flücht' ich gern zum Menschlich-Teuren, Und in einer ersten Traube Sieht die Frucht der Welt mein Glaube.
Auf ein altes Mädchen Dein Auge glüht nicht mehr, wie einst, Und deine Wang' ist nicht mehr rot, Und wenn du jetzt vor Sehnsucht weinst, So gilt es keinem, als dem Tod. Nichts bist du, als ein Monument, Das, halb verwittert und gering, Nur kaum noch einen Namen nennt, Mit dem ein Leben unterging. Doch, wie hervor die Toten geh'n Aus ihrer Gruft in mancher Nacht, Darfst du zuweilen aufersteh'n Zu altem Glanz und alter Pracht, Wenn tief dich ein Gefühl ergreift, Wie es vielleicht dich einst bewegt, Und dir den Schnee vom Herzen streift, Der längst sich schon darauf gelegt. Da bist du wieder, wie zuvor, Und was die Mutter einst entzückt, Wodurch du der Gespielen Chor Einst anspruchlos und still beglückt, Das Alles ist noch einmal dein, Von einem Wunderstrahl erhellt, Gleichwie vom späten Mondenschein Die rings in Schlaf begrabne Welt. Mir aber wird es trüb zu Mut, Mir sagt ein unbekannter Schmerz, Daß tief in dir verschlossen ruht, Was Gott bestimmt hat für mein Herz, Und will's dann hin zu dir mich zieh'n, Ach, mit allmächtiger Gewalt, So muß ich stumm und blutend flieh'n, Denn du bist wieder tot und kalt.
Welt und Ich Im großen ungeheuren Ozeane Willst du, der Tropfe, dich in dich verschließen? So wirst du nie zur Perl' zusammenschießen, Wie dich auch Fluten schütteln und Orkane! Nein! öffne deine innersten Organe Und mische dich im Leiden und Genießen Mit allen Strömen, die vorüberfließen; Dann dienst du dir und dienst dem höchsten Plane. Und fürchte nicht, so in die Welt versunken, Dich selbst und dein Ur-Eignes zu verlieren: Der Weg zu dir führt eben durch das Ganze! Erst, wenn du kühn von jedem Wein getrunken, Wirst du die Kraft im tiefsten Innern spüren, Die jedem Sturm zu stehn vermag im Tanze!
Der Kirschenstrauß Blond und fein, ein Lockenköpfchen, Das kaum vier der Jahre hat, Trippelt ängstlich durch das Gäßchen, Jeder Schritt noch eine Tat. Eier trägt es in den Händen, Die es so verlegen hält, Wie auf alten Kaiserbildern Karl der Große seine Welt. Arme Kleine! Wenn sie fielen, Gäb' es keinen Kuchen mehr, Und der Weg ist so gefährlich Und das Herzchen pocht so sehr! Hätte sie geahnt, wie teuer Oft sich büßt der Tatendrang, Nimmer hätt' sie ihn der Mutter Abgeschmeichelt, diesen Gang. Dennoch käm' sie wohl zu Hause, Forderte der Kirschenstrauß, Den die Krämerin ihr schenkte, Nur den Durst nicht so heraus. Doch sie möchte eine kosten Von den Beeren rund und rot, Denn es sind für sie die ersten, Und das bringt ihr große Not. Ihre Hand zum Mund zu führen, Wagt sie nimmer, denn das Ei Könnte ihr derweil entschlüpfen, Hält sie doch den Strauß dabei. Drum versucht sie's, sich zu bücken, Doch die Kluft ist gar zu weit, Und sie spitzt umsonst die Lippen Nach der würz'gen Süßigkeit. Aber sie gerät ins Straucheln, Und das Unglück wär' geschehn, Bliebe sie nicht auf der Stelle Wie erstarrt vor Schrecken, stehn. Denn die Eier wollten gleiten, Und sie hält sie nur noch fest, Weil sie beide unwillkürlich Gegen Leib und Brust gepreßt. Lange wird es zwar nicht dauern: Bellt der erste kleine Hund, Fährt sie noch einmal zusammen, Und sie rollen auf den Grund. Doch da springt, den Küchenlöffel In der mehlbestäubten Hand, Ihr die Mutter rasch entgegen, Und das Unglück ist gebannt.