Gefühl Zitate

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Einem verständigeren Publikum wird mit der Zeit das Einsehen kommen, daß es unrecht tut, sich die Wirkung eines bedeutenden Bildes durch zehn oder zwanzig daneben hängende, mehr oder weniger wertvolle Gemälde beeinträchtigen zu lassen, und die Kunst wird dann aus den öffentlichen Asylen, welche doch nur allgemeine Wärmestuben vergleichbar sind, in die engeren Kreise übersiedeln, wo sie sich wirklich heimateigen fühlen darf. Ein Beweis dafür, daß sie selbst sich nach diesen intimeren Heimstätten sehnt, ist, daß sie hundert Wege sucht, um dem Einzelnen, seinem Verständnis und seiner Liebe nahe zu kommen ... Sie muß dann aus den Ausstellungen und Schaufenstern, wo sie absichtlich und roh wirkt, in unsere nähere und gewohnte Umgebung gebracht werden, wie man sich einen Gott aus der großen hohen Kirche in die traute Wohnstube trägt, soll er nicht furchtbar und mystisch allein, sondern auch milde und gütig werden. Sie muß teilnehmen an unseren kleinen Erlebnissen und Wünschen und darf unsern Freuden und Festen nicht ferne stehen; das alles ist aber nur möglich, wenn sie uns in ihren Erscheinungsformen so vertraut ist, daß wir sie in unserem Heim nicht als Gast empfinden und ihr gegenüber ganz herzlich und offen sind.
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Zwei Irrtümer setzen unsere Handlungen für (vor) den andern in falsches Licht. 1) Je mehr wir unser Ich und den rächenden Stolz desselben genießen und zeigen, desto mehr glauben wir, unsere Freude erzeuge die fremde. 2) Je weher uns Nachgeben und Zuvorkommen tut, desto weniger setzen wir voraus, daß es den andern oder den Feind um so mehr gewinne und befriedige, und wir glauben nicht, daß unserem Gefühle gerade das entgegengesetzte antworte.
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Als ich das erste Mal nach Tuskegee kam, wurde ich gebeten, am Sonntagabend eine Rede vor der Schule zu halten. Ich saß auf dem Podium der großen Kapelle und blickte in tausend farbige Gesichter, während der Chor von hundert oder mehr Leuten hinter mir eine bekannte religiöse Melodie sang und die ganze Gesellschaft mit Inbrunst in den Refrain einstimmte. Ich war der einzige Weiße unter dem Dach, und die Szene und die Lieder hinterließen bei mir einen Eindruck, den ich nie vergessen werde. Mr. Washington stand auf und bat sie, eine der alten Melodien nach der anderen zu singen, die ich schon mein ganzes Leben lang gehört hatte, aber ich hatte sie noch nie zuvor von tausend Stimmen oder von gebildeten Negern singen hören. Ich hatte sie mit dem Neger der Vergangenheit in Verbindung gebracht, nicht mit dem Neger, der sich nach oben kämpft. Sie erinnerten mich an die Plantage, die Hütte, den Sklaven und nicht an den Freigelassenen, der nach Bildung strebt. Aber auf der Plantage und in der Hütte waren sie nie so gesungen worden, wie diese tausend Schüler sie sangen. Ich sah alle alten Plantagen wieder, die ich je gesehen hatte; die ganze Geschichte des Negers ging mir durch den Kopf; und das unaussprechliche Pathos seines Lebens fand in diesen Liedern einen Ausdruck, wie ich ihn nie zuvor empfunden hatte. Und die Zukunft? Dies waren die ehrgeizigen Jugendlichen der Rasse, die mit einer Ernsthaftigkeit an die Arbeit gingen, die das konventionelle Studentenleben der meisten Bildungseinrichtungen in den Schatten stellte. Ein weiteres Lied ertönte von den Dachsparren. Und sobald es still wurde, fand ich mich vor dieser außergewöhnlichen Masse von Gesichtern wieder und dachte nicht an sie, sondern an das lange und unglückliche Kapitel in der Geschichte unseres Landes, das auf den einen großen strukturellen Fehler der Väter der Republik folgte; Ich dachte an das eine große Problem, über das Generationen von Staatsmännern gerungen und eine Million Männer gekämpft hatten und das die Masse der englischen Männer in den Südstaaten so sehr in den Schatten stellte, dass sie hundert Jahre hinter ihren Kollegen in allen anderen Teilen der Welt zurückblieb - in England, in Australien und in den Nord- und Weststaaten. Diese tausend jungen Männer und Frauen um mich herum waren Opfer dieses Schattens. Auch ich war ein unschuldiges Opfer davon. Die ganze Republik war ein Opfer dieses grundlegenden Fehlers, Afrika nach Amerika zu importieren.
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Sieg Zum ersten Male ist sie heut' gegangen Als junge Christin zum Altar des Herrn; Die dunklen Worte, die vorher erklangen, Sie hielten ihr die ganze Erde fern; Ein Todesschauer bleichte ihre Wangen Und fast verglimmte ihres Auges Stern, Denn, wer nicht würdig ißt und trinkt, so spricht Gott selbst, der ißt und trinkt sich das Gericht. Und dennoch hat sie heut' sich mir ergeben, Wo jegliche Empfindung ihr's verbot; Sie wagte einmal, ihren Blick zu heben, Da sah sie mich und wurde wieder roth; Nun nahte sie sich dem Altar mit Beben Und nahm nur noch mit Angst das heil'ge Brot, Und als sie auch verschüttete den Wein, Da jauchzte ich: sie ist auf ewig mein!
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Wo der Tadel das Ehrgefühl des Kindes versehrte, da unterdrückte ich ihn, um meine Kollegen in der Runde durch das Beispiel zu lehren, daß das Ehrgefühl, das unsere Tage nicht genug erziehen, das Beste im Menschen sei – daß alle andre Gefühle, selbst die edelsten, ihn in Stunden aus ihren Armen fallen lassen, wo ihn das Ehrgefühl in seinen emporhält – daß unter den Menschen, deren Grundsätze schweigen und deren Leidenschaften ineinanderschreien, bloß ihr Ehrgefühl dem Freunde, dem Gläubiger und der Geliebten eine eiserne Sicherheit verleihe.
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Die Wurzel und der Ursprung des jedem nicht ganz verdorbenen Menschen innewohnenden Gefühls für Ehre und Schande, wie auch des hohen Wertes, welcher ersterer zuerkannt wird, liegt in folgendem. Der Mensch für sich allein vermag gar wenig und ist ein verlassener Robinson: nur in der Gemeinschaft mit den andern ist und vermag er viel. Dieses Verhältnisses wird er inne, sobald sein Bewußtsein sich irgend zu entwickeln anfängt, und alsbald entsteht in ihm das Bestreben, für ein taugliches Mitglied der menschlichen Gesellschaft zu gelten, also für eines, das fähig ist, soviel in den Kräften eines Mannes steht mitzuwirken, und dadurch berechtigt, der Vorteile der menschlichen Gemeinschaft teilhaft zu werden. Ein solches nun ist er dadurch, daß er erstlich das leistet, wenn man von jedem überall und sodann das, was man von ihm in der besonderen Stelle, die er eingenommen hat, fordert und erwartet. Ebensobald aber erkennt er, daß es hierbei nicht darauf ankommt, daß er es in seiner eigenen, sondern daß er es in der Meinung der anderen sei. Hieraus entspringt demnach sein eifriges Streben nach der günstigen Meinung anderer und der hohe Wert, den er auf diese legt: beides zeigt sich mit der Ursprünglichkeit eines angeborenen Gefühls, welches man Ehrgefühl und nach Umständen Gefühl der Scham nennt.
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