Empfindelei bessert sich mit den Jahren, Koketterie verschlimmert sich mit den Jahren.
Jahr Zitate
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In jedem Jahrhundert müssen der Menschen mehre werden, deren innrer Mensch nicht Futter braucht, sondern Speise. – Das Edle, einmal entwickelt, kann sich wie die Wissenschaft nur fortpflanzen; ja Licht läßt sich leichter einschließen, aber Wärme nicht. Es kommt nicht darauf an, was zeitlicher, sondern was eigner Charakter der Menschheit ist.
Man hasset am andern nichts so sehr als einen neuen Fehler, den er erst nach Jahren zeigt.
Es gab Jahrhunderte, wo die Menschheit mit verbundnen Augen geführt wurde – von einem Gefängnis ins andere; – es gab andere Jahrhunderte, wo Gespenster die ganze Nacht polterten und umstürzten, und am Morgen war nichts verrückt; es kann keine andern Jahrhunderte geben als solche, wo Einzelwesen sterben, wenn Völker steigen, wo Völker zerfallen, wenn das Menschengeschlecht steigt; wo dieses selber sinkt und stürzt und endigt mit der verstiebenden Kugel... Was tröstet uns? – Ein verschleiertes Auge hinter der Zeit, ein unendliches Herz jenseits der Welt.
Das Leben, besonders das sittliche, hat Flug, dann Sprung, dann Schritt, endlich Stand; jedes Jahr läßt sich der Mensch weniger bekehren, und einem bösen Sechziger dient weniger ein Missionär als ein Autodafé.
Die ersten dunkeln Jahre lebte Gustav mit seinem Schutzengel noch in einem überirdischen Zimmer; er trennte ihn bloß von den heillosen Kipperinnen und Wipperinnen der Kindheit, denen wir ebenso viele lahme Beine als lahme Herzen zu danken haben – Mägden und Ammen. Ich wollte lieber, diese Unhuldinnen erzögen uns im zweiten Jahrzehend als im zweiten Jahr.
Das ganze Jahrhundert ist ein Wettrennen nach großen Zielen mit kleinen Menschen.
Ich kenne nämlich für Kinder in den ersten Jahren kein wohlfeileres, mehr nachhaltendes, beiden Geschlechten angemessenes, reines Spielzeug als das, welches jeder in der Zirbeldrüse (einige in der Blase) und die Vögel im Magen haben – Sand.
Daß Verstand erst mit den Jahren kommt, sieht man nicht eher ein, als bis der Verstand und die Jahre da sind.
Ja wohl ist sie im Schatten [diese Erde]. Aber der Mensch ist höher als sein Ort: er sieht empor und schlägt die Flügel seiner Seele auf, und wenn die sechzig Minuten, die wir sechzig Jahre nennen, ausgeschlagen haben: so erhebt er sich und entzündet sich steigend, und die Asche seines Gefieders fället zurück, und die enthüllte Seele kömmt allein, ohne Erde und rein wie ein Ton, in der Höhe an – – Hier aber sieht er mitten im verdunkelten Leben die Gebirge der künftigen Welt im Morgengolde einer Sonne stehen, die hienieden nicht aufgeht: so erblickt der Einwohner am Nordpol in der langen Nacht, wo keine Sonne mehr aufsteigt, doch um zwölf Uhr ein vergüldendes Morgenrot an den höchsten Bergen, und er denkt an seinen langen Sommer, wo niemals untergeht.
Freilich ist Achtung die Mutter der Liebe; aber die Tochter wird oft einige Jahre älter als die Mutter.
In gewissen Jahren wird das Leben ein fortdauerndes Verlieren. – Gott erhalte mir meine Freunde! Es wäre wirklich schön, wenn man in Gesellschaft sterben könnte, wenn man in Gesellschaft gelebt.
Wir sagen ›das Leben nehmen‹, während nur Jahre genommen werden.
Denkt euch ein Jahrhundert zurück und denkt euch ein Jahrhundert voraus und höret dann die Menschen über euch.
Bücher wirken wenig auf Individuen, aber doch auf das Jahrhundert und mithin auch auf jene.
Und dann veraltet der entblößte Mensch ohne sein zweites Herz – die Jahre setzen um sein bestes Herz.
Jedem Jahrhundert sendet der Unendliche einen bösen Genius zu, der es versuche.
Nicht die Fühlsamkeit und der Enthusiasmus der jüngern Jahre ist in ältern vermindert, sondern man kann nur, bei erweitertem Ideenkreis, von andern, bessern, also seltnern Gegenständen gerührt werden.
In den Mannjahren sehnt man sich unendlich aber vergeblich nach einem Freunde, der wie ein Jüngling der frühern Jahre alles anhört und aufnimmt.
Die Erinnerungen früherer Zeiten nehmen von Jahrzehnt zu Jahrzehnt eine andere Gestalt und Wirkung für uns an.
Jeder hält sein Leben für die Neujahrnacht der Zeit und mithin, wie der Abergläubige, seine – aus Erinnerungen zusammengehefteten – Träume darin für Prophezeiungen aufs ganze Jahr.
Mit dem Alter werden die Tage immer länger, die Jahre immer kürzer.
Die Wissenschaft macht ungeheure Anleihen bei den Hypothesen; manche davon werden nach und nach getilgt, viele nach Jahrhunderten erst, die meisten nie.
Zwischen einem bestehenden und einem abgelegten Vorurteil liegen oft Jahrhunderte. Und wie viel Vorurteile haben wir abzulegen! Die Sonne dürfte indessen ihr Licht verlieren, ehe wir das unsre gefunden.
Keiner genießt sein gegenwärtiges Alter: jeder bereut zehn Jahre zu spät, was er zehn Jahre vorher versäumt hat.
Mit den Jahren gewöhnt man sich viel Gutes ab – selbst das Gewissen.
Mit den Jahren begnügt man sich mit immer anspruchsloserem Trost.
Mit immer größerer Sehnsucht blickt man den Jahren nach, die uns verlassen; durch Erinnerungen winkt man sie zurück – vergebens ... das Pendel hat nur verneinende Bewegungen.
Es dauert lange, ehe man zwanzig Jahre alt wird – sechzig ist man im Handumdrehen.
Der Faule plagt sich in einer Stunde mehr als der Fleißige das ganze Jahr.