Ich habe mich oft gefragt, ob nicht gerade die Tage, die wir gezwungen sind, müßig zu sein, diejenigen sind, die wir in tiefster Tätigkeit verbringen? Ob nicht unser Handeln selbst, wenn es später kommt, nur der letzte Nachklang einer großen Bewegung ist, die in untätigen Tagen in uns geschieht? Jedenfalls ist es sehr wichtig, mit Vertrauen müßig zu sein, mit Hingabe, womöglich mit Freude. Die Tage, da auch unsere Hände sich nicht rühren, sind so ungewöhnlich still, dass es kaum möglich ist, sie zu erleben, ohne vieles zu hören.
Zwang, Muss Zitate
- Seite 10 / 19 -
Ich kann mir kein seligeres Wissen denken, als dieses Eine: dass man ein Beginner werden muss. Einer, der das erste Wort schreibt hinter einen jahrhundertelangen Gedankenstrich.
Das Leben ist eine Gelegenheit zur Größe, der Tod ein Zwang dazu.
Das Wort hat einen Feind, und das ist der Druck. Daß ein Gedanke dem Leser der Gegenwart nicht verständlich ist, ist dem Gedanken organisch. Wenn er aber auch dem ferneren Leser nicht verständlich ist, so trägt eine falsche Lesart die Schuld. Ich glaube unbedingt, daß die Schwierigkeiten der großen Schriftsteller Druckfehler sind, die wir nicht mehr zu finden vermögen. [...]
Eine Notlüge ist immer verzeihlich. Wer aber ohne Zwang die Wahrheit sagt, verdient keine Nachsicht.
Mancher Literat hat die Entschuldigung, daß er unter dem unwiderstehlichen Zwang einer Schreibmaschine handelt. Man glaubt zu diktieren und es wird einem diktiert.
Der Journalismus denkt ohne die Lust des Denkens. In solchen Bezirk verbannt, gleicht der Künstler einer zur Prostitution gezwungenen Hetäre. Nur daß diese schadlos auch dem Zwang erliegt. Der Zwang zur Lust kann ihr Lust bedeuten, jenem nur Unlust.
Um die Geschichte seines Landes zu beschreiben, muss man außer Landes sein.
Es ist bedauerlich, dass man, um ein guter Patriot zu sein, zum Feind des Rests der Menschheit werden muss.
Es liegt auf der Hand, dass ein Land nicht gewinnen kann, ohne dass ein anderes verliert, und dass es nicht siegen kann, ohne andere Menschen unglücklich zu machen. So ist es also um den Menschen bestellt, dass er seinen Nachbarn Schlechtes wünschen muss, wenn er für das eigene Land Großes wünscht.
Es reicht nicht aus, zu erobern, man muss auch lernen, zu verführen.
Human ist der Mensch, für den der Anblick fremden Unglücks unerträglich ist und der sich sozusagen gezwungen sieht, dem Unglücklichen zu helfen.
Der Weg zum Gipfel äußerer Ehre ist voller Steingeröll. Aber wenn du dich entschließt der Weisheit Höhe zu erreichen, vor der selbst das Schicksal sich beugen muss, so wirst du zwar alles, was als Erhabenstes gilt, unter dir schauen, aber gleichwohl auf hemmungsloser Bahn zum Höchsten gelangen.
Die Inquisition ist bekanntlich eine bewunderungswürdige und wahrhaft christliche Erfindung, um den Papst und die Mönche mächtiger zu machen und ein ganzes Reich zur Heuchelei zu zwingen.
Niemand ist gezwungen, dem Glück in seinem Lauf zu folgen.
Ist eine Freundschaft geschlossen, muss man vertrauen; vor dem Freundschaftsschluss dagegen muss man sein Urteil fällen.
Manch einer meint in seiner Verblendung, es [das Greisenalter] sei eine Klippe; es ist ein Hafenplatz, über den man sich freuen muss.
Der Druck des Unglücks beeinträchtigt nicht den Geist des tapferen Mannes... Er ist mächtiger als die äußeren Umstände.
Es liegt im Interesse des Allgemeinwohls, dass es immer Menschen geben muss, die gegen den Strom schwimmen. Nur weiß das Allgemeinwohl das meist nicht.
Zu Gelübden zwingt die höchste Furcht die Unglücklichen.
Unser Leben darf nicht an der Zukunft hängen, es muss innerlich gesammelt sein; denn der hängt von der Zukunft ab, der mit der Gegenwart nichts anzufangen weiß.
Nach einem anderen muss ich mich umschauen, mit dem ich mich auf einen Kampf einlassen kann; es wäre schamlos, mich mit einem Menschen zu messen, der die Niederlage selbstverständlich findet.
Im Unglück muss eilends auch der steile Weg gewählt werden.
Auch nach einer schlechten Ernte muss gesät werden.
Die Philosophie selbst muss in Ruhe und maßvoll betrieben werden.
Der Arzt kann die Zeit zum Essen oder für ein Bad nicht per Brief bestimmen, sondern er muss den Puls fühlen.
Der Ruhende muss handeln, und der Handelnde muss ruhen.
Mehr Kraft als die Aufgabe erfordert, muss der besitzen, der sie ausführt.
Die Wohltaten, die ein Sohn dem Vater erweist, kann man sich in’s Unendliche ausgedehnt denken, während des Vaters Geschenk ganz einfach und mühelos ist, ja dem, der es gibt, noch Lust gewährt; ein Geschenk, das er wohl auch manchen gegeben haben muss, ohne zu wissen, dass er’s ihnen gegeben hat.
Man muss standhaft, man muss gerecht, man muss mäßig sein, sonst kann man sich nicht freuen.