Wille Zitate

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Spätherbst in Venedig Nun treibt die Stadt schon nicht mehr wie ein Köder, der alle aufgetauchten Tage fängt. Die gläsernen Paläste klingen spröder an deinen Blick. Und aus den Gärten hängt der Sommer wie ein Haufen Marionetten kopfüber, müde, umgebracht. Aber vom Grund aus alten Waldskeletten steigt Willen auf: als sollte über Nacht der General des Meeres die Galeeren verdoppeln in dem wachen Arsenal, um schon die nächste Morgenluft zu teeren mit einer Flotte, welche ruderschlagend sich drängt und jäh, mit allen Flaggen tagend, den großen Wind hat, strahlend und fatal.
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Willst du das Verdorren deines jugendlichen Ideals außer dir sehen: so geh in die Stadt, wo du als Jüngling gewohnt – alle Körper sind dicker geworden, die Weiber in die Wirtschaft eingewunden, kein Mensch denkt voriger Zeit als mit Sehnsucht ohne Willen, alles Zarte der Gestalten und Züge und Ziele ist verschwunden – hinter das Glück der Kinder versteckt sich jede prosaische Erniedrigung – Bäuche und Vollwangen gehen hin und her – die Weiber als die Zärtesten haben am meisten verloren und sind in Haushaltungsfleisch verquollen.
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Denn in dem Augenblicke, wo wir, vom Wollen losgerissen, uns dem reinen willenlosen Erkennen hingegeben haben, sind wir gleichsam in eine andere Welt getreten, wo alles, was unsern Willen bewegt und dadurch uns so heftig erschüttert, nicht mehr ist. Jenes Freiwerden der Erkenntnis hebt uns aus dem Allen eben so sehr und ganz heraus, wie der Schlaf und der Traum: Glück und Unglück sind verschwunden: wir sind nicht mehr das Individuum, es ist vergessen, sondern nur noch reines Subjekt der Erkenntnis: wir sind nur noch da als das eine Weltauge, was aus allen erkennenden Wesen blickt, im Menschen allein aber völlig frei vom Dienste des Willens werden kann, wodurch aller Unterschied der Individualität so gänzlich verschwindet, daß es alsdann einerlei ist, ob das schauende Auge einem mächtigen König, oder einem gepeinigten Bettler angehört. Denn weder Glück noch Jammer wird über jene Grenze mit hinüber genommen. So nahe liegt uns beständig ein Gebiet, auf welchem wir allem unserm Jammer gänzlich entronnen sind; aber wer hat die Kraft, sich lange darauf zu erhalten? Sobald irgend eine Beziehung eben jener also rein angeschauten Objekte zu unserm Willen, zu unserer Person, wieder ins Bewußtsein tritt, hat der Zauber ein Ende: wir fallen zurück in die Erkenntniß, welche der Satz vom Grunde beherrscht, erkennen nun nicht mehr die Idee, sondern das einzelne Ding, das Glied einer Kette, zu der auch wir gehören, und wir sind allem unserm Jammer wieder hingegeben.
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Der Egoismus besteht eigentlich darin, daß der Mensch alle Realität auf seine eigene Person beschränkt, indem er in dieser allein zu existieren wähnt, nicht in den anderen. Der Tod belehrt ihn eines Bessern, indem er diese Person aufhebt, sodass das Wesen des Menschen, welches sein Wille ist, fortan nur in anderen Individuen leben wird, sein Intellekt aber, als welcher selbst nur der Erscheinung, d. i. der Welt als Vorstellung, angehörte und bloß die Form der Außenwelt war, eben auch im Vorstellungsein, d. h. im objektiven Sein der Dinge als solchem, also ebenfalls nur im Dasein der bisherigen Außenwelt fortbesteht.
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Die Frage nach der Souveränität des Volks läuft im Grunde darauf hinaus, ob irgendjemand ursprünglich das Recht haben könne, ein Volk wider seinen Willen zu beherrschen. Wie sich das vernünftigerweise behaupten lasse, sehe ich nicht ab. Allerdings also ist das Volk souverän: jedoch ist es ein ewig unmündiger Souverän, welcher daher unter bleibender Vormundschaft stehen muss und nie seine Rechte selbst verwalten kann, ohne grenzenlose Gefahren herbeizuführen; zumal er, wie alle Unmündigen, gar leicht das Spiel hinterlistiger Gauner wird, welche deshalb Demagogen heißen.
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Leben Seele, die du, unergründlich Tief versenkt, dich ätherwärts Schwingen möchtest und allstündlich Dich gehemmt wähnst durch den Schmerz – An den Taucher, an den stillen, Denke, der in finstrer See Fischt nach eines Höhern Willen: Nur vom Atmen kommt sein Weh. Ist die Perle erst gefunden In der öden Wellengruft, Wird er schnell emporgewunden, Daß ihn heilen Licht und Luft; Was sich lange ihm verhehlte, Wird ihm dann auf einmal klar: Daß, was ihn im Abgrund quälte, Eben nur sein Leben war.
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B: Sollte die Freiheit nichts anderes sein, als daß es in meiner Macht steht, das, was ich will, auch zu tun? [...] Ich bin nicht frei zu wollen, was ich will? [...] A: Ihr Wille ist nicht frei, aber Ihre Handlungen sind frei. Sie sind frei zum Handeln, wenn es in Ihrer Macht steht, zu handeln. [...] All die Bücher über die Freiheit zum beliebigen Tun, zum beliebigen Handeln [...] sind dummes Geschwätz; es gibt keine Freiheit zum beliebigen Tun. Das ist ein Wort ohne Sinn und Verstand, das sich Leute ausgedacht haben, die zu wenig davon hatten.
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Da nun jede Einschränkung der Freiheit durch die Willkür eines andern Zwang heißt: so folgt, daß die bürgerliche Verfassung ein Verhältnis freier Menschen ist, die (unbeschadet ihrer Freiheit im Ganzen ihrer Verbindung mit andern) doch unter Zwangsgesetzen stehen: weil die Vernunft selbst es so will, und zwar die reine a priori gesetzgebende Vernunft, die auf keinen empirischen Zweck (dergleichen alle unter dem allgemeinen Namen Glückseligkeit begriffen worden) Rücksicht nimmt; als Menschen gar verschieden denken, so daß ihr Wille unter kein gemeinschaftliches Prinzip, folglich auch unter kein äußeres, mit jedermanns Freiheit zusammenstimmendes, Gesetz gebracht werden kann.
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