Vernunft Zitate

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Schwätzen heißt mit einer unbeschreiblichen Geschäftigkeit von den gemeinsten Dingen, die entweder schon jedermann weiß oder nicht wissen will, so weitläuftig sprechen, daß darüber niemand zum Wort kommen kann, und jedermann Zeit und Weile lang wird. Die deutsche Sprache ist sehr arm an Wörtern für Handlungen, die sich so zu andern Handlungen des vernünftigen Mannes verhalten, wie Geschwätz zur zweckmäßigen vernünftigen Unterredung. So fehlt es uns an einem solchen Wort für rechnen.
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Auch was die wissenschaftlichen Studien anlangt, so hat der Aufwand dafür, an sich gewiss lobwürdig, doch nur so lange Sinn und Verstand, als er Maß hält. Wozu die unzähligen Bücher und Bibliotheken, von denen der Besitzer in seinem ganzen Leben kaum die Kataloge durchgelesen hat? Es belastet die Masse den Lernenden, ohne ihn zu belehren, und es ist weit vernünftiger, dich an wenige Schriftsteller zu halten, als irrend umherzuschweifen von einem zum anderen.
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Aber warum genügt es dir nicht, diese kurze Lebenszeit geziemend hinzubringen? Warum versäumst du Zeit und Gelegenheit? Denn was sind alle diese Gegenstände um dich her anders als Übungsmittel für die Vernunft, die alles im Leben mit gründlichem Naturforscherblick ansieht? Verweile also bei ihnen, bis du sie dir völlig zu eigen gemacht hast, gleichwie ein starker Magen sich gewöhnt, alles zu verdauen, oder wie ein loderndes Feuer aus allem, was man hineinwirft, Flamme und Strahlenglut bildet.
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Was aber das Leben des Einzelnen betrifft, so ist jede Lebensgeschichte eine Leidensgeschichte: denn jeder Lebenslauf ist, in der Regel, eine fortgesetzte Reihe großer und kleiner Unfälle, die zwar jeder möglichst verbirgt, weil er weiß, daß andere selten Teilnahme oder Mitleid, fast immer aber Befriedigung durch die Vorstellung der Plagen, von denen sie gerade jetzt verschont sind, dabei empfinden müssen; — aber vielleicht wird nie ein Mensch, am Ende seines Lebens, wenn er besonnen und zugleich aufrichtig ist, wünschen, es nochmals durchzumachen, sondern, eher als das, viel lieber gänzliches Nichtsein erwählen.
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Auf den folgenden Seiten habe ich nichts weiter als einfache Fakten, schlichte Argumente und den gesunden Menschenverstand dargelegt; und ich habe dem Leser keine weiteren Vorbedingungen zu stellen, als dass er sich von Vorurteilen und Voreingenommenheit befreit und seine Vernunft und seine Gefühle für sich selbst entscheiden lässt; aber er wird den wahren Charakter eines Menschen anziehen, oder besser gesagt, er wird ihn nicht ausziehen und seine Ansichten großzügig über den heutigen Tag hinaus erweitern.
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