Ich glaube wie ein Kind, dass das Leid geheilt und wiedergutgemacht wird, dass all die erniedrigende Absurdität menschlicher Widersprüche wie eine jämmerliche Fata Morgana verschwinden wird, wie die verachtenswerte Erfindung des ohnmächtigen und unendlich kleinen euklidischen Verstandes des Menschen, dass sich im Finale der Welt, im Moment der ewigen Harmonie, etwas so Kostbares ereignen wird, dass es für alle Herzen, für die Besänftigung aller Ressentiments, für die Sühne aller Verbrechen der Menschheit, für all das Blut, das sie vergossen hat, ausreichen wird; dass es nicht nur möglich sein wird, zu vergeben, sondern auch zu rechtfertigen, was geschehen ist.

- Fjodor Michailowitsch Dostojewski

Fjodor Michailowitsch Dostojewski

Klugwort Reflexion zum Zitat

Dieses Zitat von Fjodor Michailowitsch Dostojewski ist eine tief philosophische Betrachtung über die Heilung und Wiedergutmachung menschlichen Leids. Dostojewski drückt hier einen Glauben aus, der stark von seiner religiösen Überzeugung geprägt ist. Er sieht das Leid als etwas, das letztlich eine höhere Bedeutung hat und in der 'ewigen Harmonie' der Welt aufgelöst wird. Diese Vorstellung von einer ultimativen Rechtfertigung aller Ereignisse impliziert einen göttlichen Plan, in dem selbst das scheinbar Schrecklichste einen Sinn hat.

Der Glaube an die Möglichkeit einer solchen absoluten Versöhnung und Rechtfertigung ist tief tröstend, aber auch provokativ. Es fordert dazu heraus, über die Grenzen des menschlichen Verstandes hinauszudenken, der oft nach einfachen, logischen Erklärungen sucht. Dostojewski stellt dem den Glauben eines Kindes gegenüber, der auf Vertrauen und Hoffnung basiert, anstatt auf analytischem Denken. Seine Worte reflektieren auch die Spannungen zwischen Verstand und Glaube, zwischen der Härte der Realität und der Sehnsucht nach transzendenter Harmonie.

Diese Gedanken sind besonders in Zeiten von Krisen oder persönlichem Leid relevant. Sie laden dazu ein, eine Perspektive einzunehmen, die über das Hier und Jetzt hinausgeht, und daran zu glauben, dass es letztlich eine größere Ordnung gibt, die alle Widersprüche und Schmerzen auflöst.

Zitat Kontext

Fjodor Michailowitsch Dostojewski war bekannt für seine tiefgründigen Erkundungen menschlicher Existenz und Spiritualität. Dieses Zitat könnte im Kontext seines Romans *Die Brüder Karamasow* stehen, in dem ähnliche Gedanken über Leid und Erlösung diskutiert werden. Insbesondere in der Figur des Aljoscha Karamasow manifestiert sich der Glaube an eine göttliche Gerechtigkeit und die letztliche Harmonie der Welt.

Dostojewski lebte in einer Zeit großer sozialer und persönlicher Umwälzungen. Seine eigene Erfahrung mit Leid – von Armut über Gefangenschaft bis hin zu Krankheit – prägte seine Weltanschauung und seine Werke. Das Zitat spiegelt diese persönliche Auseinandersetzung wider und bietet eine Synthese aus religiösem Glauben, philosophischer Reflexion und künstlerischer Vision.

In einem größeren gesellschaftlichen Kontext könnte dieses Zitat auch als Antwort auf die Sinnsuche der Menschheit interpretiert werden, besonders angesichts von Ungerechtigkeit, Krieg und Leid. Es fordert dazu auf, über kurzfristige Urteile hinauszublicken und Vertrauen in eine ultimative, universelle Gerechtigkeit zu setzen. Dostojewskis Worte bieten nicht nur Trost, sondern auch eine Herausforderung: den Mut zu finden, an eine größere Harmonie zu glauben, selbst wenn sie unserem Verstand unverständlich bleibt.

Daten zum Zitat

Autor:
Fjodor Michailowitsch Dostojewski
Tätigkeit:
russischer Schriftsteller
Epoche:
Realismus
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Emotion:
Keine Emotion