Publikum Zitate

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Wer zum Denken von Natur die Richtung hat, muss erstaunen und es als ein eigenes Problem betrachten, wenn er sieht, wie die allermeisten Menschen ihr Studieren und ihre Lektüre betreiben. Nämlich es fällt ihnen dabei gar nicht ein, wissen zu wollen, was wahr sei; sondern sie wollen bloß wissen, was gesagt worden ist. Sie übernehmen die Mühe des Lesens und des Hörens, ohne im Mindesten den Zweck zu haben, wegen dessen allein solche Mühe lohnen kann, den Zweck der Erkenntnis, der Einsicht: sie suchen nicht die Wahrheit, haben gar kein Interesse an ihr. Sie wollen bloß wissen, was alles in der Welt gesagt ist, eben nur um davon mitreden zu können, um zu bestehen in der Konversation, oder im Examen, oder sich ein Ansehen geben zu können. Für andere Zwecke sind sie nicht empfänglich. Daher ist beim Lesen oder Hören ihre Urteilskraft ganz untätig und bloß das Gedächtnis tätig. Sie wiegen die Argumente nicht: sie lernen sie bloß. So sind leider die allermeisten: deshalb hat man immer mehr Zuhörer für die Geschichte der Philosophie, als für die Philosophie.
Diese beispiellose Ungerechtigkeit, diese unerhörte Verkehrung aller Wahrheit, ist nur dadurch möglich geworden, daß ein stumpfes, träges, gleichgültiges, urteilsloses, folglich leicht betrogenes Publikum in dieser Sache sich aller eigenen Untersuchung und Prüfung, – so leicht auch, sogar ohne Vorkenntnisse, solche wäre, – begeben hat, um sie den „Leuten von Fach,“ d. h. den Leuten, welche eine Wissenschaft nicht ihrer selbst, sondern des Lohnes wegen betreiben, anheimzustellen, und nun von diesen sich durch Machtsprüche und Grimassen imponieren läßt.