Sag an, o lieber Vogel mein, Sag an, wohin die Reise dein? Weiß nicht, wohin, Mich treibt der Sinn, Drum muß der Pfad wohl richtig sein! "Sag an, o liebster Vogel mir, Sag, was verspricht die Hoffnung dir? Ach, linde Luft Und süßen Duft Und neuen Lenz verspricht sie mir! "Du hast die schöne Ferne nie Gesehen, und du glaubst an sie?" Du frägst mich viel, Und das ist Spiel, Die Antwort aber mach mir Müh'! Nun zog in gläubig-frommem Sinn Der Vogel übers Meer dahin, Und linde Luft Und süßer Duft, Sie wurden wirklich sein Gewinn!

- Friedrich Hebbel

Friedrich Hebbel

Klugwort Reflexion zum Zitat

In diesem Gedicht von Friedrich Hebbel wird die Reise des Vogels als Metapher für den menschlichen Glauben an die Hoffnung und die Verheißung eines besseren Ziels verwendet. Der Vogel, der sich von der Gegenwart und der Ungewissheit treiben lässt, symbolisiert den Glauben an die verheißene Zukunft, die von der Hoffnung auf ein besseres Leben oder neue Erfahrungen getragen wird. Die Antwort des Vogels, dass er auf den Ruf der Hoffnung folgt, auch wenn er nicht weiß, wohin die Reise ihn führt, verweist auf die menschliche Fähigkeit, im Glauben an das Gute zu handeln, ohne konkrete Gewissheit über das Ergebnis zu haben.

Der Dialog zwischen dem Fragenden und dem Vogel stellt eine philosophische Auseinandersetzung mit der Natur des Glaubens dar: Während der Fragende nach sicheren, rationalen Antworten sucht, setzt der Vogel auf die Bewegung des Glaubens, die nicht durch konkretes Wissen bestimmt ist, sondern durch das Vertrauen in den eigenen inneren Impuls und die Hoffnung auf das, was kommen mag. Der Vogel verkörpert somit das Prinzip der Zuversicht, dass die Reise des Lebens, auch wenn sie ungewiss ist, immer der richtige Weg ist, solange man dem eigenen Sinn folgt.

Die Erkenntnis am Ende des Gedichts, dass der Vogel tatsächlich das erhoffte Ziel erreicht und seinen Gewinn in der „linden Luft“ und dem „süßen Duft“ findet, bietet eine Bestätigung dieser Haltung: Auch wenn die Reise unsicher ist und mit Fragen und Zweifeln verbunden, wird sie letztlich zu einer Quelle des erfüllten Glücks, wenn wir dem Ruf der Hoffnung vertrauen.

Zitat Kontext

Friedrich Hebbel war ein deutscher Dichter und Dramatiker des 19. Jahrhunderts, der für seine tiefgründigen und oft pessimistischen Werke bekannt war. In diesem Gedicht befasst sich Hebbel mit den Themen Hoffnung, Glaube und der Suche nach einem besseren Leben. Die Reise des Vogels und seine unerschütterliche Zuversicht spiegeln die Ideen von Glaube und Vertrauen wider, die in einer von Unsicherheit geprägten Welt eine Quelle der Orientierung und des Trostes bieten können.

Hebbel lebte in einer Zeit, in der viele Menschen von einer gesellschaftlichen Umwälzung und der Frage nach dem Sinn des Lebens und der Zukunft geprägt waren. Das Gedicht stellt eine Reflexion über den menschlichen Glauben dar, der trotz der Ungewissheit und der Fragen nach dem „Wohin“ weitergeht. Es ist eine Ermutigung, dem eigenen inneren Ruf zu vertrauen und zu hoffen, dass sich die Reise des Lebens als lohnenswert erweist.

Das Gedicht lässt sich auch als eine Allegorie auf die menschliche Existenz lesen: Der Vogel steht für das Individuum, das sich auf eine Reise der Selbstfindung begibt, ohne das endgültige Ziel zu kennen, aber mit dem Vertrauen darauf, dass der Weg selbst eine Bedeutung und Erfüllung bringt.

Daten zum Zitat

Autor:
Friedrich Hebbel
Tätigkeit:
deutscher Dramatiker und Lyriker
Epoche:
Realismus
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Emotion:
Keine Emotion