Abend, Nacht Zitate

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Die Weihe der Nacht Nächtliche Stille! Heilige Fülle, Wie von göttlichem Segen schwer, Säuselt aus ewiger Ferne daher. Was da lebte, Was auf engem Kreise Auf in's Weit'ste strebte, Sanft und leise Sank es in sich selbst zurück Und quillt auf in unbewußtem Glück. Und von allen Sternen nieder Strömt ein wunderbarer Segen, Daß die müden Kräfte wieder Sich in neuer Frische regen, Und aus seinen Finsternissen Tritt der Herr, so weit er kann, Und die Fäden, die zerrissen, Knüpft er alle wieder an.
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Der Mensch ist unglücklich, weil er nicht weiß, dass er glücklich ist; nur deshalb. Es ist alles, alles, wer es lernt, wird sofort glücklich, im selben Moment... „Und wann hast du herausgefunden, dass du so glücklich bist?“ „Letzte Woche, am Dienstag, nein, Mittwoch, weil es da schon Mittwoch war, in der Nacht.“ „Und was war der Anlass?“ „Ich weiß es nicht mehr, nur so; ich ging im Zimmer auf und ab...das ist egal. Ich hielt meine Uhr an, es war zwei Uhr siebenunddreißig.“ „Als Zeichen dafür, dass die Zeit stehen bleiben sollte?“ Kirillov antwortete nicht. „Sie sind nicht gut“, begann er plötzlich wieder, „weil sie nicht wissen, dass sie gut sind. Wenn sie es herausfinden, werden sie das Mädchen nicht verletzen. Sie müssen herausfinden, dass sie gut sind, dann werden sie alle auf einmal gut, alle, für einen Mann. „Nun, du hast es herausgefunden, also musst du gut sein?“ „Ich bin gut.“ „Damit bin ich übrigens einverstanden“, murmelte Stavrogin stirnrunzelnd. „Derjenige, der lehrt, dass alle gut sind, wird die Welt beenden.“ „Der, der das lehrte, wurde gekreuzigt.“ „Er wird kommen, und sein Name ist der Mensch-Gott.“ „Der Gottmensch?“ „Der Mensch-Gott - das ist der ganze Unterschied.“ „Kannst du es sein, der die Ikonenlampe anzündet?“ „Ja, ich habe sie angezündet.“ „Du bist gläubig geworden?“ „Die alte Frau mag die Ikonenlampe...sie ist heute beschäftigt“, murmelte Kirillov. „Aber beten tust du noch nicht?“ „Ich bete zu allem. Siehst du, da krabbelt eine Spinne an der Wand, ich schaue hin und bin ihr dankbar, dass sie krabbelt.“ Seine Augen leuchteten wieder auf. Er schaute Stavrogin direkt an, sein Blick war fest und unbeirrt. Stavrogin beobachtete ihn stirnrunzelnd und zähneknirschend, aber es lag kein Spott in seinen Augen. „Ich wette, wenn ich das nächste Mal komme, glaubst du schon an Gott“, sagte er, stand auf und griff nach seinem Hut. „Warum?“ Kirillov stand ebenfalls auf. „Wenn du herausfinden würdest, dass du an Gott glaubst, würdest du glauben; aber da du noch nicht weißt, dass du an Gott glaubst, glaubst du nicht“, grinste Nikolai Wsewolodowitsch.
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Menschen, die eine Religion haben, sollten froh sein, denn nicht jeder hat die Gabe, an himmlische Dinge zu glauben. Man muss nicht einmal unbedingt Angst vor der Bestrafung nach dem Tod haben; Fegefeuer, Hölle und Himmel sind Dinge, die viele Menschen nicht akzeptieren können, aber trotzdem hält eine Religion, egal welche, einen Menschen auf dem richtigen Weg. Es ist nicht die Furcht vor Gott, sondern die Wahrung der eigenen Ehre und des eigenen Gewissens. Wie edel und gut könnte jeder sein, wenn er sich jeden Abend vor dem Einschlafen die Ereignisse des vergangenen Tages ins Gedächtnis rufen und genau überlegen würde, was gut und was schlecht war. Dann versuchst du, ohne es zu merken, dich zu Beginn eines jeden neuen Tages zu verbessern; natürlich erreichst du im Laufe der Zeit eine ganze Menge. Jeder kann das tun, es kostet nichts und ist sicherlich sehr hilfreich. Wer es nicht kennt, muss es lernen und durch Erfahrung feststellen: "Ein ruhiges Gewissen macht einen stark!
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Spätherbst in Venedig Nun treibt die Stadt schon nicht mehr wie ein Köder, der alle aufgetauchten Tage fängt. Die gläsernen Paläste klingen spröder an deinen Blick. Und aus den Gärten hängt der Sommer wie ein Haufen Marionetten kopfüber, müde, umgebracht. Aber vom Grund aus alten Waldskeletten steigt Willen auf: als sollte über Nacht der General des Meeres die Galeeren verdoppeln in dem wachen Arsenal, um schon die nächste Morgenluft zu teeren mit einer Flotte, welche ruderschlagend sich drängt und jäh, mit allen Flaggen tagend, den großen Wind hat, strahlend und fatal.
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Der Becher (Auf dem Straßburger Münster gedichtet) Von einem Wunderbecher Hab' ich mit Angst geträumt, Woraus dem durst'gen Zecher Die höchste Fülle schäumt. Draus sollt' ich alles trinken, Was Erd' und Himmel bot, Doch mußt' ich dann versinken In einen ew'gen Tod. Mit Wonne und mit Grausen Hielt ich ihn in der Hand, Ein wundersames Brausen In seinem Kelch entstand; Es flog an mir vorüber Die Welt in Nacht und Glanz, Wie regellos im Fieber Verworr'ner Bilder Tanz. Und als ich länger blickte, Bis auf den Grund hinein, Wie Blitzesflamme zückte Mir's da durch Mark und Bein, Und, gänzlich drin versunken, Ward mir zuletzt zu Sinn, Als hätt' ich schon getrunken Und schwände nun dahin.
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Das Leid ist eine harte Münze, die wir für alles Wertvolle im Leben, für unsere Kraft, Weisheit und Liebe zahlen müssen. Die Wolke sprach zu mir: „Ich vergehe“; die Nacht sprach: „Ich tauche ein in den feurigen Morgen.“ Der Schmerz sprach: „Ich verharre in tiefem Schweigen als seine Fußspur.“ „Ich sterbe hinein in die Vollendung“, sprach mein Leben zu mir. Die Erde sprach: „Mein Licht küsst deine Gedanken jeden Augenblick.“ „Die Tage vergehen“, sprach die Liebe, „aber ich warte auf dich.“ Der Tod sprach: „Ich fahre das Boot deines Lebens über das Meer.“
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Aus tiefer Not schrei ich zu dir, Herr Gott, erhör mein Rufen. Dein gnädig Ohren kehr zu mir Und meiner Bitt sie öffen. Denn so du willst das sehen an, Was Sünd und Unrecht ist getan, Wer kann, Herr, vor dir bleiben? Bei dir gilt nichts denn Gnad und Gunst, Die Sünden zu vergeben. Es ist doch unser Tun umsonst Auch in dem besten Leben. Vor dir niemand sich rühmen kann, Des muß dich fürchten jedermann Und deiner Gnaden leben. Darum auf Gott will hoffen ich, Auf mein Verdienst nicht bauen. Auf ihn mein Herz soll lassen sich Und seiner Güte trauen, Die mir zusagt sein wertes Wort, Das ist mein Trost und treuer Hort, Des will ich allzeit harren. Und ob es währt bis in die Nacht Und wieder an den Morgen, Doch soll mein Herz an Gottes Macht Verzweifeln nicht noch sorgen. So tu Israel rechter Art, Der aus dem Geist erzeuget ward, Und seines Gotts erharre. Ob bei uns ist der Sünden viel, Bei Gott ist viel mehr Gnaden; Sein Hand zu helfen hat kein Ziel Wie groß auch sei der Schaden. Er ist allein der gute Hirt, Der Israel erlösen wird Aus seinen Sünden allen.
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Das Heimweh, welches die vier Menschen schon fast vergessen hatten, kam wieder in einer anderen, unerwarteten Gestalt über sie. Sie sehnten sich nicht mehr nach der Vergangenheit, sondern sie träumten in den heißen Stuben hinter dicht verhangenen Fenstern von dem leichten, luftigen Dorfsommer, dem die kühlen Winde so nachbarlich sind. Von den hellen Feldwegen, über welche die jungen Obstbäumchen ihre ruhend dünnen Schatten legen, so daß man drüber hin wie auf einer Leiter geht, von Strich zu Strich. Von den schweren, reifen Feldern, die so breit und prächtig zu wogen beginnen gegen den Abend zu, und von den Hainen, in deren dunkelnder Stille die schweigsamen Teiche liegen, von denen niemand weiß, wie tief sie sind. Und dabei dachte jeder von den vier Menschen an irgendeine bestimmte unbedeutende Stunde, deren kleines Glück man einst, ohne es zu werten, ebenso mitgenommen hatte. Und umso schmerzlicher war dieses Sehnen, als es nicht ein Unwiederbringliches betraf, als jeder fühlte, wie der heitere Heimatsommer ihn erwartete und traurig wurde, wenn keiner kam.
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