Einmal ging er an einem klaren, sonnigen Tag in die Berge und wanderte lange Zeit mit einem quälenden Gedanken umher, der sich weigerte, Gestalt anzunehmen. Vor ihm war der strahlende Himmel, unter ihm der See, um ihn herum der Horizont, hell und unendlich, als würde er ewig weitergehen. Lange Zeit schaute er und litt. Er erinnerte sich jetzt daran, wie er seine Arme nach diesem hellen, unendlichen Blau ausgestreckt und geweint hatte. Was ihn quälte, war, dass ihm das alles völlig fremd war. Was war das für ein Bankett, was war dieses große, ewige Fest, zu dem es ihn schon immer, seit seiner Kindheit, hingezogen hatte und an dem er nie teilnehmen konnte? Jeden Morgen geht dieselbe helle Sonne auf; jeden Morgen gibt es einen Regenbogen über dem Wasserfall; jeden Abend brennt der höchste schneebedeckte Berg, dort, weit weg, am Rande des Himmels, mit einer karmesinroten Flamme; jede kleine Fliege, die in einem heißen Sonnenstrahl in seiner Nähe schwirrt, nimmt an diesem ganzen Chor teil: kennt ihren Platz, liebt ihn und ist glücklich; jeder kleine Grashalm wächst und ist glücklich! Und alles hat seinen Weg, und alles kennt seinen Weg, geht mit einem Lied und kommt mit einem Lied zurück; nur er weiß nichts, versteht nichts, weder Menschen noch Geräusche, ein Fremder für alles und ein Schiffbrüchiger.

- Fjodor Michailowitsch Dostojewski

Fjodor Michailowitsch Dostojewski

Klugwort Reflexion zum Zitat

Dieses Zitat von Fjodor Dostojewski reflektiert tief die existenziellen Qualen und das Gefühl der Entfremdung, das der Protagonist erlebt. Die Natur um ihn herum ist lebendig, harmonisch und erfüllt von Bedeutung, während er sich selbst als einen 'Fremden' empfindet, der keinen Platz in dieser Welt finden kann. Die Verwendung der Natur als Symbol für die allumfassende Ordnung und das Glück, das allen Dingen innewohnt, steht im Kontrast zu dem inneren Konflikt des Protagonisten.

Es wird deutlich, dass der Protagonist das Gefühl der Zugehörigkeit zu der natürlichen Welt vermisst und sich mit seiner eigenen Unfähigkeit, sich selbst in diese Welt zu integrieren, quält. Das Bild des 'Festes', an dem er nie teilnehmen konnte, beschreibt seine Entfremdung von einem universellen, natürlichen Zustand, der ihm unerreichbar erscheint.

Das Zitat spricht die universelle Erfahrung der Entfremdung an, in der der Mensch sich von der Welt und von sich selbst entfremdet fühlt, weil er den Sinn oder das gemeinsame Band zu seiner Umwelt nicht erkennt. Diese Entfremdung ist ein zentrales Thema in Dostojewskis Werk und wirft Fragen über die Natur der Existenz, den Sinn des Lebens und die Suche nach Zugehörigkeit auf.

Es regt dazu an, über die eigene Beziehung zur Welt nachzudenken: Fühlen wir uns Teil des Ganzen oder sind wir wie der Protagonist ein Schiffbrüchiger, der sich von allem getrennt fühlt? Es fordert dazu auf, die Schönheit und den Sinn in den einfachen Dingen zu erkennen und uns mit der Welt und den anderen um uns herum zu verbinden.

Zitat Kontext

Fjodor Michailowitsch Dostojewski, ein russischer Schriftsteller des 19. Jahrhunderts, ist bekannt für seine tiefgehenden psychologischen und philosophischen Werke, die oft die existenziellen Fragen des menschlichen Lebens und die seelischen Qualen seiner Charaktere thematisieren. Dieses Zitat könnte aus einem seiner Werke stammen, in denen die Entfremdung des Individuums von der Gesellschaft und der natürlichen Welt eine zentrale Rolle spielt.

Historisch gesehen lebte Dostojewski in einer Zeit des politischen und sozialen Umbruchs in Russland, in der viele Menschen mit der Frage nach dem Sinn des Lebens und der eigenen Existenz konfrontiert waren. Seine Werke reflektieren oft die existenziellen Dilemmata der Menschen und die Suche nach einem Platz in einer komplexen und widersprüchlichen Welt.

Philosophisch steht das Zitat im Kontext von Dostojewskis Auseinandersetzung mit der Entfremdung des modernen Menschen. Es illustriert das Gefühl der Isolation und das Bewusstsein, dass der Mensch in seiner Suche nach einem tieferen Sinn von der Welt um ihn herum getrennt sein kann.

Auch heute ist dieses Zitat von Bedeutung, da es die universelle Erfahrung des Sich-Verloren-Fühlens und der Entfremdung anspricht, die viele Menschen auch in der modernen, schnelllebigen Welt erleben. Es erinnert uns daran, dass der Weg zur Selbstfindung und zum Verständnis der Welt oft von der Fähigkeit abhängt, sich mit der Natur und den anderen zu verbinden.

Daten zum Zitat

Autor:
Fjodor Michailowitsch Dostojewski
Tätigkeit:
russischer Schriftsteller
Epoche:
Realismus
Mehr?
Alle Fjodor Michailowitsch Dostojewski Zitate
Emotion:
Keine Emotion