Das Herz hat die Eigenschaft des Wissens, die Leber des Gefühls, die Lunge des Blattes (der Veränderlichkeit, Beweglichkeit?), der Mund dient der Vernunft als Weg, ein Sprachrohr für das, was der Mensch vorträgt, und eine Aufnahme der Erfrischungen des Körpers; und er spricht, hört aber nicht, während das Ohr hört, aber nicht spricht.
- Hildegard von Bingen

Klugwort Reflexion zum Zitat
Hildegard von Bingen beschreibt in diesem Zitat eine ganzheitliche Sicht auf den menschlichen Körper, in der jedes Organ nicht nur eine physische, sondern auch eine symbolische Funktion hat.
Das Herz als Sitz des Wissens zeigt, wie eng Emotion und Verstand miteinander verknüpft sind. Die Leber repräsentiert die Gefühlswelt und verdeutlicht ihre zentrale Rolle für das innere Gleichgewicht. Die Lunge, als Symbol der Veränderlichkeit, verweist auf die Verbindung zwischen Atem, Leben und Anpassungsfähigkeit.
Besonders interessant ist der Mund, der als Sprachrohr der Vernunft beschrieben wird, zugleich aber durch die Nahrungsaufnahme eine physische Funktion erfüllt. Diese Dualität zeigt die Verbindung von Geist und Körper. Das Ohr und der Mund werden in ihrer komplementären Funktion dargestellt: Beide sind Werkzeuge der Kommunikation, jedoch in unterschiedlichen Dimensionen – Aufnahme und Ausdruck.
Das Zitat fordert den Leser dazu auf, den menschlichen Körper als eine Einheit von physischen, emotionalen und geistigen Aspekten zu betrachten. Es erinnert daran, dass jedes Organ nicht nur für sich selbst, sondern auch für das Ganze eine Bedeutung hat.
In einer modernen Perspektive lädt es dazu ein, die Harmonie von Körper und Geist zu schätzen und bewusst mit der eigenen physischen und emotionalen Gesundheit umzugehen.
Zitat Kontext
Hildegard von Bingen, eine visionäre Denkerin des Mittelalters, verband in ihren Schriften naturwissenschaftliche, medizinische und spirituelle Erkenntnisse. Dieses Zitat stammt aus ihrer umfassenden Betrachtung des menschlichen Körpers und seiner Funktionen.
Im historischen Kontext wurde der Körper oft in metaphorischen und spirituellen Begriffen beschrieben. Hildegards Sichtweise spiegelt die mittelalterliche Verbindung von Medizin, Philosophie und Theologie wider, die den Körper als Ausdruck göttlicher Ordnung betrachtete.
Philosophisch lässt sich das Zitat in die Tradition einer holistischen Weltsicht einordnen, die den Menschen als Mikrokosmos innerhalb des Makrokosmos versteht. Es ist ein Beispiel dafür, wie Hildegard naturwissenschaftliches Wissen mit symbolischen und spirituellen Bedeutungen verknüpfte.
Auch heute hat das Zitat Relevanz, da es auf die Ganzheitlichkeit von Körper, Geist und Seele hinweist. Es erinnert daran, dass physische Gesundheit, emotionale Ausgeglichenheit und geistige Klarheit miteinander verbunden sind und in Harmonie gepflegt werden sollten.
Daten zum Zitat
- Autor:
- Hildegard von Bingen
- Tätigkeit:
- dt. Mystikerin, Benediktinerin, Komponistin, Schriftstellerin, Heilerin, Philosophin
- Epoche:
- Hochmittelalter
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- Emotion:
- Keine Emotion