Ein Mann, der Tränen streng entwöhnt,/ mag sich ein Held erscheinen;/ doch wenn's im Innern sehnt und dröhnt,/ geb ihm ein Gott zu weinen.

- Johann Wolfgang von Goethe

Johann Wolfgang von Goethe

Klugwort Reflexion zum Zitat

Johann Wolfgang von Goethes Zitat spricht die tiefen emotionalen Kämpfe an, die oft hinter einer Fassade von Stärke verborgen sind. Es setzt sich kritisch mit der Vorstellung auseinander, dass das Unterdrücken von Gefühlen – insbesondere das Weinen – als Zeichen von Heldentum oder Stärke angesehen wird. Goethe zeigt, dass wahre Stärke nicht darin liegt, Emotionen zu verdrängen, sondern sie anzunehmen und auszudrücken.

Die erste Zeile betont die gesellschaftliche Erwartung, dass Männer Stärke durch emotionale Zurückhaltung zeigen sollen. Ein solcher Mann mag als ‚Held‘ erscheinen, doch Goethe deutet an, dass dieser Schein trügt. Die innere Unruhe, die sich in der ‚Sehnsucht‘ und dem ‚Dröhnen‘ ausdrückt, zeigt, dass das Unterdrücken von Gefühlen eine schmerzhafte Last sein kann. Die Bitte an einen Gott, dem Mann das Weinen zu ermöglichen, ist eine poetische Bitte um Befreiung – um die Erlaubnis, Mensch zu sein und Gefühle auszuleben.

Dieses Zitat lädt uns ein, gesellschaftliche Vorstellungen von Stärke und Schwäche zu hinterfragen. Es erinnert uns daran, dass Emotionen wie Trauer, Sehnsucht oder Schmerz keine Zeichen von Schwäche sind, sondern menschliche Erfahrungen, die uns mit anderen verbinden und innerlich heilen können. Goethe ruft dazu auf, die befreiende Kraft des Weinens zu erkennen und anzunehmen.

In der heutigen Zeit, in der traditionelle Geschlechterrollen zunehmend aufgebrochen werden, bleibt das Zitat von großer Relevanz. Es ermutigt uns, emotionale Offenheit zu schätzen und zeigt, dass wahre Stärke in der Akzeptanz unserer menschlichen Verletzlichkeit liegt.

Zitat Kontext

Johann Wolfgang von Goethe, einer der bedeutendsten deutschen Dichter, war bekannt für seine Fähigkeit, die Tiefen der menschlichen Psyche zu erforschen und in poetische Form zu bringen. Dieses Zitat passt in den Kontext seiner romantischen und philosophischen Sicht auf das Leben, in der Emotionen und ihre Ausdrucksformen einen zentralen Platz einnahmen.

Im historischen Kontext der Goethezeit war die Idee, dass Männer keine Emotionen zeigen sollten, stark verankert. Goethe stellt diese Vorstellung infrage und betont, dass emotionaler Ausdruck eine wesentliche Eigenschaft des Menschseins ist. Seine Worte spiegeln die romantische Idee wider, dass Gefühle ein wichtiger Bestandteil der Selbstentfaltung und des Verstehens der Welt sind.

Heute lädt das Zitat dazu ein, über die Bedeutung von Gefühlen in unserem Leben nachzudenken. Es inspiriert uns, emotionale Ehrlichkeit zuzulassen und zu schätzen, sowohl in uns selbst als auch in anderen. Goethes Worte erinnern uns daran, dass die Freiheit, zu weinen, keine Schwäche ist, sondern ein Ausdruck von Stärke und Menschlichkeit.

Daten zum Zitat

Autor:
Johann Wolfgang von Goethe
Tätigkeit:
Dichter, Schriftsteller, Naturwissenschaftler,
Epoche:
Klassik
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Emotion:
Keine Emotion